Die Zukunft der Wärmeversorgung steht aktuell ganz oben auf der Tagesordnung. In diesem Feld sind soziale und ökologische Fragen auf engste verknüpft. Wie soll das wegfallende russische Erdgas ersetzt werden? Wie gelingt die dringend notwendige Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in den nächsten Jahren? Wie kann der Energiebedarf des Gebäudebestandes mittels energetischer Sanierungen radikal reduziert werden? Wie muss die Wärmewende gestaltet werden, damit sich sozial prekäre Mieter*innen und Hauseigentümer*innen zukünftig das Heizen weiterhin leisten können? All diese Fragen sind politisch hoch umstritten. Bei der Umstellung der Wärmeversorgung handelt es sich um einen zentralen sozial-ökologischen Transformationskonflikt unserer Zeit (Dörre et al. 2020).

Armin Kuhn schreibt in seinem Beitrag „Klimagerechte Nachbarschaften“ zurecht, dass die Wärmewende eine ökologische Klassenpolitik von links erfordert (Kuhn 2023). Die Transformation der Wärmebereitstellung muss nicht nur gerecht und schnell sein, sie muss auch das Alltagsleben der Menschen spürbar verbessern. Dafür ist es nötig die Eigentumsfrage in der Wohnraumversorgung zu stellen und mit einer Vergesellschaftung zu beantworten. Das erfordert nicht nur neue politische Mobilisierungen, sondern kann sie auch ermöglichen.

Aus der Entwicklung der mietenpolitischen Bewegung heraus ist dabei allerdings eine Fokussierung auf die Nachfrageseite festzustellen, also die Senkung des Energiebedarfs der Gebäude mittels der umstrittenen energetischen Modernisierungen. Die Perspektive der Gebäudeeffizienz muss allerdings systematisch mit der Wärmeerzeugung verbunden werden (Arendt et al. 2023). Denn beide Seiten sind auf der materiell-technischen Ebene eng miteinander verknüpft. Ferner bedarf es einer umfassenden Antwort von links auf die Strategien der herrschenden Kräfte: So scheinen sich Teile der Immobilienbranche von der Politik energetischer Modernisierungen abzuwenden und bei der Wärmewende auf das Energiekapital zu verlassen, das auf eine Verteidigung seines Geschäftsmodells auf Basis von Erdgas und zukünftig womöglich „grünen Gasen“ wie Wasserstoff setzt. Es braucht deshalb eine dezidiert linke Strategie, die in den aktuellen Konflikt um neue Gasquellen und das sogenannte Heizungsgesetz interveniert und darin mit konkreten Forderungen und Politikentwürfen ein Projekt sozial-ökologischer Transformation formuliert (Sander/Weißermel 2023).

Die politische Ökonomie fossiler Wärmeerzeugung

Die Wärmeerzeugung in Deutschland ist historisch eng mit dem fossilen Energieregime verbunden, dass auf Kohle, Öl und Erdgas basiert. Es beinhaltet ein System globaler Ressourcenflüsse, zentralistische Infrastrukturen und enorme Energieverbräuche in den Metropolen und ist damit Ausdruck einer imperialen Lebensweise (Brand/Wissen 2017). 

So macht die Bereitstellung von Raumwärme 28 Prozent am deutschen Endenergieverbrauch aus. Im Jahr 2020 deckte Erdgas 43,5 Prozent dieses Bedarfs ab. Auch die Fernwärme, die 10 Prozent der Haushalte mit Wärme versorgt, basiert zum Großteil auf Gas. Heizöl hat noch einen Anteil von knapp 26 Prozent, auch wenn dieser in den letzten Jahrzehnten stark gesunken ist. Die erneuerbaren Energien haben zuletzt ein deutliches Wachstum auf gut 18 Prozent erfahren, das aber im Wesentlichen von wenig nachhaltigen biogenen Brennstoffen getragen wird.

Die politische Ökonomie des deutschen Systems fossiler Wärmeerzeugung wird von einer begrenzten Zahl mächtiger Konzerne dominiert – trotz Unbundling-Vorgaben der EU. Entlang der komplexen Lieferkette aus Gasförderung, -import, -speicherung, -fernleitungsnetzen, -verteilnetzen und -vertrieb haben vor allem Unternehmen wie Wintershall DEA, VNG, Uniper und E.ON jeweils starke Marktpositionen inne. Dazu kommt eine Reihe mittelgroßer Unternehmen in einzelnen Geschäftsfeldern sowie mehrere hundert Stadtwerke, die allerdings oft unter dem Einfluss von Konzernen wie E.ON stehen. Auch Produzenten von Heizungen (z.B. Bosch) und Gaskraftwerken (z.B. Siemens Energy) sowie die gasnutzenden energieintensiven Branchen haben ein starkes Interesse am langfristigen Fortbestand der etablierten Gasversorgung (Lobbycontrol 2023). 

Mithilfe einer Reihe von Verbänden und Pressure Groups übersetzen diese Kapitalgruppen ihre ökonomische Macht in eine geballte Lobbymacht. Seit Jahren setzen sie sich erfolgreich gegenüber der Politik – insbesondere dem Wirtschaftsministerium und der Deutschen Energieagentur (DENA) – dafür ein, dass Erdgas weiterhin eine zentrale Rolle in der Energieversorgung spielt und langfristig durch grüne Gase abgelöst wird (ebd.).

Ukrainekrise: Fossiler Rollback oder grün-kapitalistische Transition?

Die mit dem Ukrainekrieg einhergehende geo- und energiepolitische Krise bedeutete durchaus eine Gefahr für die Gasindustrie. Es gelang ihr aber schnell, ihre Interessen politisch als fundamentale gesellschaftliche Erfordernisse zu setzen. So schließt die Bundesregierung neue Verträge mit gasexportierenden Ländern und fördert massiv den Aufbau einer Infrastruktur für Flüssigerdgasimporte (LNG). Die aktuellen Pläne schaffen große Überkapazitäten, die das Geschäft der Gasindustrie auf Jahrzehnte sichern (Brauers et al. 2021).

In dieser Situation spielen Bündnis 90/Die Grünen und das von ihnen geführte Wirtschaftsministerium eine widersprüchliche Rolle in der Regierung. Einerseits treibt Habecks Haus selbst stark das fossile Rollback voran. Andererseits versuchen die grünen Kräfte in der Regierung, mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes die Wärmewende zu beschleunigen (LobbyControl 2023). 

Die Regelung, dass nun spätestens ab 2028 bei Heizungswechsel nur noch neue Systeme mit einem Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien eingebaut werden dürfen, bedeutet eine erhebliche Bedrohung für die Akkumulationsbedingungen des Gaskapitals. Dementsprechend dürfte die massive Kampagne gegen das Heizungsgesetz und gegen das grüne Spitzenpersonal nicht zuletzt auf die Energieverbände und ihre politischen Verbündeten zurückgehen. Sie fürchten zurecht, dass die von ökologischen Akteuren (Umweltverbände, Forschungsinstitute etc.) und progressiven Kapitalgruppen (wie grünen Heizungsproduzenten) vertretene Wärmewende, die auf dezentralen erneuerbaren Energien bzw. Wärmepumpen sowie einer grünen Fernwärme basieren soll, den Energieträger Gas beim Heizen weitgehend überflüssig machen würde. 

Wärmeversorgung als klassenpolitischer Konflikt

Bei den aktuellen Debatten um die Zukunft der Wärmeversorgung handelt es sich aber nicht nur um eine Offensive des fossilistischen Kapitals, um sein Geschäftsmodell zu verteidigen, bzw. um einen Konflikt innerhalb der Bourgeoisie, der sich in politischen Auseinandersetzungen und in einer mittelschweren Regierungskrise manifestiert. Vielmehr haben die anstehenden Richtungsentscheidungen auch erhebliche soziale Konsequenzen für die subalternen Klassen (Sander/Weißermel 2023). 

Gegenwärtig scheint es der Allianz aus konservativen (Boulevard-)Medien, industrienaher Wissenschaft, Gasindustrie und ihren parteipolitischen Vertreter*innen aus Union und FDP (einschließlich der AfD) zu gelingen, ein Spektrum heterogener Klassenmilieus aus privilegierten Eigenheimbesitzer*innen, sozial prekarisierten Mieterhaushalten und rechten Gegner*innen jedweder Klimapolitik als Unterstützer*innen gegen die Wärmewende anzurufen. Ihre Argumente verfangen, gasbasierte Systeme seien bewährt und weiterhin am preiswertesten, während Wärmepumpen und andere erneuerbare Energien nur für hocheffiziente Gebäude geeignet und nur für wohlhabende grüne Hausbesitzer*innen erschwinglich seien, während der breiten Masse Energiearmut drohe. 

Gaspfad: Kostenfalle für die subalternen Klassen

Im Kern handelt es sich jedoch um eine massive Desinformationskampagne der Wärmewende-Gegner*innen. Die Betroffenen dieser Interessenpolitik sind in erster Linie ärmere (Mieter-)Haushalte und besonders vulnerable Gruppen (Arbeitslose, Alleinerziehende, Rentner*innen), die überproportional in Mehrfamilienhäusern leben und überdurchschnittlich unter Energiearmut leiden (Öko-Institut e.V. 2023). Gerade für sie haben die aktuellen Konflikte erhebliche soziale Folgen. Um die kostenpolitischen Implikationen der verschiedenen technologischen Optionen einschätzen zu können, müssen die gesamten Wärmegestehungskosten betrachtet werden, also Investition, Wartung und Betrieb der Anlagen. Das Verhältnis wird nicht nur von den zukünftigen Preisen für Gas und Strom beeinflusst, sondern wesentlich auch von staatlichen Regulierungen: der Besteuerung bzw. Subventionierung von Energieträgern und der Förderung für neue Heizungssysteme. 

Bisher kostet die Installation einer Wärmepumpe zwar bis zu dreimal so viel wie die eines konventionellen Gaskessels. Nach dem aktuellen Stand des Heizungsgesetzes will der Staat allerdings die Anschaffung von Wärmepumpen mit bis zu 70 Prozent der Kosten fördern und zinsgünstige Kredite ermöglichen. Durch eine Automatisierung der Produktion und optimierte Installationszeiten könnten die Kosten zudem bis 2030 um rund 40 Prozent fallen. Angesichts der hohen Gaspreise ist der Betrieb einer effizienten Wärmepumpe schon heute im Schnitt rund 39 Prozent preiswerter als der einer Gasheizung. Selbst bei einem geringen Effizienzwert der Wärmepumpe bzw. einem kaum sanierten Haus, hohen Strompreisen und relativ niedrigen Gaspreisen schneiden die Betriebskosten der Wärmepumpe besser ab (Öko-Institut/Fraunhofer ISE 2022). 

Die Gaspreise dürften zwar in den nächsten Jahren etwas sinken, aber insgesamt hoch und unberechenbar bleiben. Ferner ist das immer stärker zum Einsatz kommende LNG deutlich teurer als konventionelles Erdgas. Der steigende CO2-Preis auf fossile Energien wird diese Entwicklung verstärken. Schon im Jahr 2030 könnte das Heizen mit einer Erdgasheizung etwa doppelt so teuer sein wie mit einer Wärmepumpe (ebd.). Um der grünen Zukunftstechnologie zum Durchbruch zu verhelfen, braucht es aber eine umfassende Investitionsförderung und eine gezielte steuerliche Entlastung für Wärmepumpen-Strom, damit letztere tatsächlich in allen Anwendungsfällen schnell wirtschaftlicher werden als Gaslösungen. Nicht zuletzt müssten die im Entwurf des Heizungsgesetzes vorgesehenen sozialen Komponenten noch deutlich ausgebaut und auf besonders vulnerable Gruppen fokussiert werden, um zu verhindern, dass die Einrichtung von Wärmepumpen ärmere Haushalte zu stark belastet.

Auch das Versprechen auf grünen Wasserstoff ist ein kaum erschwingliches Angebot. Heizen mit dem grünen Gas würde einem Baden mit Champagner gleichkommen – um eine vielzitierte Metapher der Energieexpertin Claudia Kemfert weiterzuführen. Denn ein auf Wasserstoff basierendes Heizsystem wäre zwei- bis dreimal so teuer wie ein mit Wärmepumpen funktionierendes System. Das trifft sowohl auf „blauen“ als auch auf „grünen“ Wasserstoff zu. Angesichts der zu erwartenden langfristig hohen Preise für Wasserstoff werden die Wärmegestehungskosten auch für unsanierte Häuser mit Wärmepumpen deutlich niedriger sein. Die Ineffizienz des Gases wird plastisch, wenn mensch sich bewusst macht, dass für die Wasserstofferzeugung vier- bis fünfmal so viel Strom benötigt wird wie für eine Luft-Wärmepumpe. Darüber hinaus wird der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur in der EU in den nächsten Jahrzehnten rund 240 Milliarden Euro kosten. Die europäische Gaslobby setzt sich dafür ein, dass alle Gaskund*innen über eine Umlage die Infrastruktur mitbezahlen, auch wenn sie nie Wasserstoff nutzen werden.

Für die Fernwärme sind die Zahlen schwieriger zu bestimmen, da die Preisbildung aufgrund mangelnder Regulierung des Monopolgeschäfts relativ intransparent ist. Aus den oben genannten Gründen ist aber davon auszugehen, dass eine grüne Fernwärme auf Basis lokaler erneuerbarer Energien und Abwärmequellen für die Kund*innen mittelfristig deutlich preiswerter sein wird als Wärmenetze, die weiterhin auf Erdgas- oder Wasserstoff-Verbrennung basieren. Insgesamt droht ein Szenario, in dem wohlhabende Haushalte und Eigenheimbesitzer*innen von den niedrigen Kosten einer erneuerbaren Wärmeversorgung profitieren, während arme Eigentümer*innen und Mieter*innen in Wohnungen mit teuren gasbasierten Heizungen festsitzen.

Den Nexus Bauen-Wohnen-Heizen vergesellschaften

Gelingt es, den – etwa durch die Modernisierungsumlage – institutionalisierten Konflikt zwischen sozialen und ökologischen Zielen zu überwinden, könnte eine sozial-ökologisch gerechte Wärmewende ein verbindendes Projekt für eine breite klassenpolitische Allianz von unten sein (Arendt et al. 2023). Dieses müsste in erreichbare Policy-Forderungen ausbuchstabiert werden – neben der massiven Förderung der Wärmepumpe, die Abschaffung der Modernisierungsumlage und warmmietenneutrale Sanierungen. Denn unter der Voraussetzung, dass der Staat und die beteiligten Kapitalgruppen den Großteil der Kosten tragen, könnten sowohl die energetische Sanierung als auch die massenhafte Installation von Wärmepumpen und die Umstellung auf eine grüne Fernwärme dazu führen, dass Mieter*innen und Hausbesitzer*innen geringe Kosten für ihre Heizungen und einen hohen Wohnkomfort haben und gleichzeitig eine rasante Dekarbonisierung des Wärmesektors erreicht wird, die mit begrenzten Ressourcen schonend umgeht.

Dafür ist es allerdings notwendig, die bereits entstandenen Ansätze einer Anti-Gas-Bewegung zu intensivieren und zu verbreitern, um dem massiven fossilen Rollback der Gas-Lobby etwas entgegenzusetzen. Ferner könnte die oben skizzierte Wärmewende Teil einer grün-kapitalistischen Transition werden, die weiterhin von privaten Unternehmen dominiert und auf Wachstum ausgerichtet ist, die die ungerecht verteilten persönlichen Wohnflächen unberührt lässt und den Mieter*innen keinerlei Mitgestaltung erlaubt. 

Sinnvoll ist deshalb nicht nur die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen, sondern des gesamten Nexus Bauen-Wohnen-Heizen. Dabei muss allerdings zwischen unterschiedlichen Segmenten dieses Nexus differenziert werden: Die Gasindustrie müsste stark in ihrer Macht beschnitten werden, um den fossilen Lock-In des Kapitalismus aufzubrechen. Aber ihre Produktionsmittel können kaum eine sinnvolle Rolle für eine demokratisch gestaltete Bau- und Wärmewende spielen. Demgegenüber bietet ein demokratisch kontrollierter Sektor öffentlicher Unternehmen, die koordiniert das (Um-)Bauen von Gebäuden, die Wohnraumgestaltung sowie die Produktion und Installation von Wärmepumpen und den Betrieb grüner Wärmenetze angehen, große Chancen für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Transformation. Ähnlich wie Windräder oder Straßenbahnen können Wärmepumpen und grüne Wärmenetze von ihrer grundlegenden Beschaffenheit her eine gute technologische Basis für einen grünen Sozialismus bilden, weil sie eine dezentrale, konviviale und demokratisch gestaltbare Wärmeinfrastruktur implizieren.

Eine ökologische Umstellung der Wärmeerzeugung bietet zudem gute Anknüpfungspunkte für die von Armin Kuhn vorgeschlagene sozial-ökologische Stadterneuerung auf Quartiersebene. Das Instrument der Wärmeplanung, das nun verbindlich in allen Kommunen eingeführt werden muss, könnte eine Grundlage für eine proaktive Gestaltung der Wärmewende durch die öffentliche Hand bilden. Die Linke sollte sich in dessen progressive Ausgestaltung einmischen. Eine aktive Rolle des lokalen Staates in der Quartierssanierung könnte darüber hinaus durch eine öffentliche Agentur eingenommen werden, die Ansprache von Mieter*innen und Eigentümer*innen, Beratung und Partizipation, Durchführung von Sanierungen sowie Planung, Installation und Betrieb von neuen Wärmetechnologien aus einer Hand organisiert. Gerade Großwohnsiedlungen bieten sich dafür an, weil sie gut mit einem grünen Wärmenetz (ggf. mit eigener Wärmeeinspeisung im Quartier) verbunden werden können. Dabei sollten allerdings die – positiven wie negativen – Erfahrungen der Sanierungswelle der 1990er Jahre berücksichtigt werden.

Nicht zuletzt eröffnet die Perspektivenerweiterung auf die Wärmeerzeugung die Chance, das von Armin Kuhn vorgeschlagene sozial-ökologische Klassenbündnis zu erweitern – etwa um die entstehende Anti-Gas-Bewegung oder um Initiativen für die Vergesellschaftung der Energieversorgung.