Stellen wir uns eine mittelgroße deutsche Stadt vor, in der ein Klimaplan geschrieben wird. Er soll festhalten, welche Maßnahmen bis wann, von wem und mit welchem Geld umgesetzt werden sollen, um den Treibhausgasausstoß der Stadt zu verringern und sie an die zunehmend extremen Klimafolgen anzupassen.

Um den Prozess möglichst demokratisch zu gestalten, ist die Stadt auf technische Unterstützung angewiesen. Denn damit nicht alle Macht von Expert*innen ausgeht, müssen verschiedene Zielvorgaben und Szenarien, verschiedene Sektoren, Interessen und Handlungsebenen sowie verschiedenes Wissen so miteinander verbunden werden, dass sie für die ganze Stadtgesellschaft transparent, verständlich und diskutierbar sind.

Aus dem (hier fiktiven) nationalen Klimaplan ergibt sich beispielsweise, dass die bundesweiten Emissionen im Verkehrssektor jährlich um einen bestimmten Prozentsatz sinken müssen, um das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 zu erreichen, das sich wiederum aus internationalen Verpflichtungen ableitet. Aus der spezifischen Verfasstheit der Stadt wiederum – etwa einer höheren Bevölkerungsdichte, die einen effektiveren Einsatz des öffentlichen Nahverkehrs als auf dem Land ermöglicht – lässt sich im nationalen Vergleich eine deutlich höhere Verantwortung zur Emissionsreduktion im Verkehrssektor ableiten.

In diesem planerischen Rahmen muss die Stadtgesellschaft nun entscheiden, wo und wie der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und (insbesondere fossiler) Individualverkehr eingeschränkt werden soll. Dabei können die Beteiligten auf einen Fundus quantitativer und qualitativer Daten zurückgreifen: Luftverschmutzung und Lärmbelastung in verschiedenen Stadtteilen, Mobilitätsbedürfnisse und -profile, projiziertes Fahrgastaufkommen, Herstellungs- und Installationskosten, eingesparte Emissionen und vermiedene costs of inaction, nicht zuletzt die Sozialstruktur der betroffenen Viertel sowie die positiven und negativen Auswirkungen auf ihre Bewohner*innen und das städtische Gemeinwesen, auf Biodiversität und auf angrenzende Regionen. 

Gewonnen, verbunden und zur Entscheidung aufbereitet werden all diese Daten auf Basis eines vernetzten Systems von Sensoren, Kabeln, Servern, Algorithmen und Endgeräten, kurz: einer digitalen Infrastruktur. Sie ermöglicht der Stadtgesellschaft, zwischen ökologischen Notwendigkeiten und demokratischem Aushandlungsbedarf zu navigieren und kollektiv informierte Entscheidungen zu treffen. 

Soweit vorstellbar, soweit naheliegend, kreisen doch sowohl große Teile des Klimadiskurses als auch die neue Planungsdebatte im Kern um Fragen der Wissensaggregation und -vermittlung. Noch dazu sind Geschichte und Gegenwart moderner Stadtentwicklung immer wieder von der Vorstellung der technologischen Perfektionierung des urbanen und damit immer auch des gesellschaftlichen Lebens geprägt (Cugurullo 2021, 45-61). 

Aber ist eine solche Planungsweise auch wünschenswert? Für die Planungsdebatte ist der Blick auf die real existierende Stadt-Klimaplanung und insbesondere ihr (potenzielles) Zusammenspiel mit der Entwicklung digitaler Technologie äußerst lohnenswert. Gerade weil beide mit Vorstellungen und Experimenten demokratisierten Regierens verbunden sind, in ihrer derzeitigen Form aber weit hinter solchen Idealen zurückbleiben, bieten sie konkrete Ansatzpunkte dafür, demokratische, gesellschaftliche Planungspraktiken zu etablieren. 

Eine Demokratisierung urbaner Klimaplanung ist notwendig

Politisch ist eine solche Auseinandersetzung unmittelbar relevant, denn Städte gehören mit 60-70 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen und 55-60 Prozent der Weltbevölkerung zu den wichtigsten Akteur*innen und Schauplätzen im Kampf gegen den Klimawandel. Maßnahmen zur Minderung von und Anpassung an Klimafolgen, die maßgeblich zum Erreichen globaler Nachhaltigkeitsziele beitragen, treffen in der Stadt auf bestehende Klassen- und Machtverhältnisse und wirken sich auf alle Bereiche des Alltagslebens aus.

Klimapolitik in der Stadt hat darum immer auch das Potenzial, zu einer konkreten Auseinandersetzung um Lebensverhältnisse und Raumgestaltung zu werden – beziehungsweise um das kollektive Recht, “die Stadt nach unseren Wünschen zu verändern und neu zu erfinden” (Harvey 2012, 4). In ihrer jetzigen Form aber ist Stadt-Klimapolitik oft fragmentiert und isoliert organisiert, das heißt ein Bündel technischer Einzelmaßnahmen, die von verschiedenen Akteur*innen, auf verschiedenen Ebenen, mit verschiedenen Mitteln mehr oder weniger vorausschauend bestimmt werden (Eckersley et al. 2021). Eine sektorenübergreifende, strategische Klimaplanung findet dagegen, wenn überhaupt, meist in unterfinanzierten und mit wenig struktureller Macht ausgestatteten Büros von Klimabeauftragten, manchmal ergänzt durch sogenannte Klimabeiräte, statt – weit entfernt also von demokratischer Aushandlung und breiter Mitwirkung der Stadtgesellschaft. Klimamaßnahmen und -folgen erscheinen so schnell als von außen hereinbrechende, schwer beeinflussbare Ereignisse und verstärken vielerorts die Ohnmacht und Abwehrhaltung gegenüber ökologischer Politik.

Eine Demokratisierung der Stadt-Klimaplanung ist also dringend notwendig – für eine transformative Anpassungspolitik (Brand et al. 2022), aber auch für eine schnelle, drastische und breit getragene Reduktion von Treibhausgasemissionen im Einflussbereich der Stadt. Eine Planungsinfrastruktur auf digitaler Basis kann bei dieser komplexen Aufgabe helfen und ist rein technisch gesehen möglich, wie einige der folgenden Schlaglichter auf die globale Stadtentwicklung zeigen. Mit der technischen Machbarkeit allein kommt aber noch keine Demokratisierung – die gesellschaftlichen Verhältnisse und die politischen Strukturen, in denen technologisch unterstützte Planung stattfindet, müssen vielmehr so verändert werden, dass sie eine demokratisierte Stadt-Klimaplanung  ermöglichen. Weit mehr als nur um technische Details geht es in der Auseinandersetzung mit digitalen Planungsinfrastrukturen also um die Frage: Erscheinen uns Gegenwart und Zukunft unserer Städte in Anbetracht von sozial-ökologischer Krise, fossilem Zombie-Kapitalismus und neoliberalem Kahlschlag noch demokratisch gestaltbar?

An digitale Infrastrukturen ansetzen

Digitale Technologien verändern unsere Städte bereits jetzt rasant und von Grund auf. Zu nennen sind etwa die Geschäftsmodelle der Plattformökonomie von AirBnB bis Uber, die von Investorenfantasien und Firmen wie IBM und Cisco angetriebene Smart-City-Ideologie, raumgreifende Überwachungssysteme zur Verwertung von Verhaltensdaten und zur Disziplinierung des öffentlichen Lebens oder Gentrifizierung durch die Präsenz von Großkonzernen wie Google und Amazon. Städte sind durch ihre Bevölkerungsdichte, ihre Prägung durch Wissensökonomie und Dienstleistungssektor, nicht zuletzt durch ihre allgemeine kapitalistische Funktion zur Mehrwertabsorption (Harvey 2012), beliebte Versuchsfelder für Digitalkonzerne und Repressionsapparate (Sadowski 2019).

Für die gesellschaftliche Linke ist die politische Auseinandersetzung mit diesen Entwicklungen bisher ein kleinteiliger Abwehrkampf. Dabei gibt es durchaus lokale Erfolge zu feiern, wie die Verhinderung des Google Campus in Berlin, Organisierungen gegen Deliveroo, Gorillas & Co (Scholz 2022) oder die Einschränkung polizeilicher Befugnisse in der Videoüberwachung. Aus digitalpolitischer Perspektive stehen diese Kämpfe und Erfolge jedoch in keinem Verhältnis zur Schnelligkeit, mit der die digitale Technologie, weitgehend unreguliert das urbane Leben und Regieren umkrempelt. 

Es verwundert kaum, dass die mit diesen technologischen Entwicklungen einhergehenden Ideologien von Effizienz und Automatisierung in Zeiten von Austerität und Polykrise auch zunehmend für die urbane Klimapolitik interessant werden (Thaler et al. 2021; Son et al.2023). Neben einschlägigen Branchenevents wie dem Smart City Expo World Congress, sind Big Tech-Unternehmen wie Google längst auch selbstverständliche Partner stadt- und klimapolitischer Konferenzen wie etwa des European Urban Resilience Forum oder SusHi Tech Tokyo.

Eine gesellschaftliche Linke, die an demokratisierter Planung interessiert ist, muss sich kritisch mit diesen Technologien und ihren sozialen wie politischen Auswirkungen beschäftigen. Sie muss im dialektischen Sinne nach Handlungsspielräumen fragen: Welchen Interessen dienen sie unter den gegebenen Produktionsverhältnissen? Welche möglichen Formen des Regierens und Planens sind in ihnen angelegt? Und wie könnten sie für eine demokratisierte Stadt-Klimaplanung nutzbar gemacht werden?

Um Ansatzpunkte zu skizzieren, bietet sich das Konzept des urban stack (Mattern 2016; Shapiro 2021) an. Es analysiert urbane Technologien auf drei Ebenen: Basis, das heißt die Infrastruktur aus Kameras, Sensoren und anderen Aufzeichnungsgeräten; Kontrolle, das heißt der Komplex aus Kabeln, Satelliten, Netzwerken und Servern zur Weiterleitung und Verarbeitung von Daten, und Interface, das heißt die Endgeräte, auf denen Daten zugänglich und handhabbar gemacht werden. 

Basis: Welche Daten werden gesammelt?

Die feministische Kritik an der Planungsdebatte weist darauf hin, dass diese die Sphäre der Reproduktion mit einbeziehen (Berfelde/Möller 2023) und sich der Frage stellen müssen, wie sich die Bedürfnisse verschiedener Menschen adäquat erfassen lassen, ohne sie auf positivistische Datenpunkte zu reduzieren (Lutosch 2022). Aus ökologischer Sicht wird zudem gefragt, wie gesellschaftliche Planung die Unkalkulierbarkeit und Nichtvergleichbarkeit biophysikalischer Stoffwechselprozesse in ökonomischen Wertbemessungsverfahren berücksichtigen könnte (Planning for Entropy 2022).

Wenn die städtische Klimaplanung der sozial-ökologischen Komplexität des Klimawandels gerecht werden will, darf sie sich entsprechend nicht auf technische Indikatoren beschränken. Sie muss über Emissions- und Bevölkerungsdaten hinaus auch anderes, das heißt vor allem qualitatives Wissen über soziale Zusammenhänge einbeziehen: etwa über Inklusion, Erholungs- und Begegnungsorte oder über die Nachbar*innenschaft. Experimentelle Ansätze dazu gibt es, zum Beispiel den im Münsteraner Hansaviertel entwickelten Quartier-Gemeinwohl-Index. Zudem stellt sich die Frage nach den globalen Zusammenhängen, die sowohl Urbanisierung als auch Ökologie charakterisieren: Sind Daten, die innerhalb des Stadtgebiets erhoben werden, ausreichend oder bedarf es beispielsweise der Integration (und entsprechenden Vereinfachung) von Daten, die potenzielle Auswirkungen klimapolitischer Maßnahmen entlang von Lieferketten, Produktlebenszyklen und Stoffwechselprozessen abbilden?

Stadtweite Infrastrukturen zur Datenerhebung dienen gegenwärtig vor allem technisch-administrativen Zwecken und kippen schnell ins Dystopische wie etwa das in Shanghai operierende CityBrain-System. Ursprünglich durch Alibaba in dessen Konzernsitz Hangzhou entwickelt und mittlerweile in Kuala Lumpur und über 20 chinesischen Städten adaptiert, erlaubt es CityBrain Shanghais Behörden, die Daten von Gesichtserkennungskameras, Drohnen, Satellitenbildern und weiterer im Stadtgebiet verstreuter Technologie zu integrieren, mittels KI zu verarbeiten und für das ›Echtzeitmanagement‹ städtischen Alltagslebens zu nutzen. Erkannt und aufgelöst werden können so Verkehrsstaus genau wie illegalisierte Versammlungen. Als „World's Number 1 Smart City 2023“ steht Shanghai damit dafür, wie sich Digitalindustrie und autoritäre Regierungsapparate urbanes Leben und Regieren vorstellen.

Eine vollständige Kommunalisierung solcher Infrastrukturen – das hieße unter anderem den Zugriff auf Smartphone-Sensoren – ist weder vorstellbar noch wünschenswert noch notwendig. Vielmehr geht es darum, erhobene Daten um für die Planung relevantes Wissen zu ergänzen (etwa durch aufsuchende Befragungen) und sie unter demokratische und gemeinwohlorientierte Kontrolle zu stellen.

Kontrolle: Wer verarbeitet die Daten?

In den gegenwärtigen Verhältnissen werden auf der Kontrollebene Daten vor allem kommerziell angeeignet und profitabel weiterverarbeitet. Hier kommen proprietäre Algorithmen und Software zum Einsatz, die aus den Rohdaten jenes Wissen extrahieren, das derzeit vor allem zu Werbe- und Überwachungszwecken profitbringend verkauft werden kann.

Ein Beispiel dafür ist das seit 2014 in New York City installierte LinkNYC-System, das dort das bis dato vorherrschende Netzwerk von über 10 000 Bezahltelefonen durch kostenlose WLAN-Stationen ersetzt. Jedes dieser sogenannten Links erlaubt den Nutzer*innen zusätzlich den Zugriff auf Stadtpläne und Nahverkehrsdaten, Videocalls und Telefonate oder das Laden von Smartphones. In den nächsten Jahren soll das Netzwerk laut Betreiber Interception, zu dessen Investor*innen das zur Google-Holding Alphabet gehörende SidewalkLabs zählt, auf bis zu 7 500 Links im ganzen Stadtgebiet wachsen.

Was LinkNYC für die Planungsdebatte interessant macht, ist vor allem der an ihr studierbare und für den Überwachungskapitalismus typische Widerspruch von real ermöglichter Konnektivität für die urbane Allgemeinheit und der privatisierten Verfügung über die gesammelten Daten. Zwar ist das System für New Yorks Bürger*innen und Haushalte kostenlos – im Gegenzug erlangte Interception jedoch den Zugriff auf digitale Werbeflächen im ganzen Stadtgebiet sowie die Rechte zur Weiterverwertung der von LinkNYC erhobenen Verhaltensdaten. Der Preis für diese potenziell auch anders, zu gemeinwohlorientierten Planungszwecken nutzbare Infrastruktur – eine Möglichkeit, die auch von Interception immer wieder zur Legitimation betont wird – ist also die private Aneignung urbaner Daten zu Werbe- und Profitzwecken (Shapiro 2021).

Eine Nutzung der gesammelten Daten im Sinne demokratischer Stadt-Klimaplanung dagegen müsste mit Open-Source-Software, offenen Standards und Data Commons operieren und eigene Kapazitäten zur Verarbeitung urbaner Daten aufbauen. Konzepte und Beispiele dafür liegen auf dem Tisch (Morozov/Bria 2018) und warten darauf, aus der experimentellen Nische für größere Planungsvorhaben genutzt zu werden.

Interface: Wie werden die verarbeiteten Daten handhabbar gemacht?

Schließlich stellt sich die Frage, wie das angesammelte Wissen für eine deliberative Planung genutzt werden kann, in der Technologie zwar unterstützend wirkt, aber nicht bloß die Funktion eines „digitalen Substrats des Markts“ (Rendueles 2021, 254) erfüllt.

Ein bereits vielfach diskutiertes Beispiel für den deliberativen Einsatz digitaler Technologie in der Stadtplanung ist Barcelona (vgl. etwa van Dyk u. a. 2024). Entwickelt und installiert im Zuge der munizipalistischen Bewegungserfolge der 2010er-Jahre, eingebettet in eine auf Technologie-Souveränität zielende Digitale Agenda, dient die Open-Source-Plattform Decidim dort einer Reihe von Beteiligungszwecken, unter anderem einem mehrjährigen und stadtweiten Strategieprozess. Bürger*innen können über die Plattform geplante Projekte kommentieren, diskutieren und eigene vorschlagen. Eine Community aus Aktivist*innen und Programmierer*innen entwickelt die Software stetig fort und erweitert so ihr Potenzial zur demokratischen Öffnung bestehender Prozesse (Barandiaran et al. 2024). Bis heute wurde das System in über 300 Kommunen in Spanien und darüber hinaus implementiert. 

Decidim trifft zwar insbesondere in Katalonien auf eine Tradition partizipativer Kultur, kann deren bestehende Institutionen und Prozesse aber nur bedingt verändern. Vielmehr zeigt sich vielerorts die Abhängigkeit digital-demokratischer Innovationen von etablierten Machtzentren, top-down organisierten Verfahren und dem allgemeinen Wechselspiel politischer Kräfte. Von Regierungs- und Verwaltungsseite wird die Plattform in einigen Kommunen vor allem zu Transparenzzwecken genutzt oder zu einem simplen Kommunikationstool zurechtgestutzt, die Deliberationsfunktion zuweilen sogar abgeschaltet. Die tatsächlichen Beteiligungsraten liegen lediglich zwischen einem und 15 Prozent der jeweiligen Stadtbevölkerung (Borge et al. 2022).

Auch wenn die politische Disruptionswirkung der Plattform allein also wenig überraschend begrenzt ist, kann Decidim ein positiver Bezugspunkt für die Planungsdebatte sein. Denn sie stellt einen vergleichsweise weitreichenden Versuch dar, Stadtplanung mittels digitaler Technologie demokratischer zu gestalten und bietet dadurch Erfahrungswerte zum Weiterentwickeln. Das Beispiel Barcelona zeigt auch, dass es bei dieser Deliberation nicht bloß um anonyme Online-Foren gehen kann. Um über die Datenverfügbarkeit hinaus Sinn und Bedeutung zu erzeugen, bedarf es physischen Begegnungs- und Aushandlungsorten, in denen digitale Technologie komplexitätsreduzierend und vermittelnd wirken kann. Weder ist eine Allgegenwart vernetzter Endgeräte das Ziel, noch eine rein auf leiblicher Ko-Präsenz basierende Direktdemokratie. Vielmehr muss eine Balance aus digitaler Koordination und repräsentativen Formaten gefunden werden, in denen Wissen, Bedürfnisse und Entscheidungen aller Betroffenen zur Geltung kommen können.

Ausblick

Gerade weil in der Klimapolitik ›alles mit allem zusammenhängt‹, treten Interessenskonflikte und Demokratisierungsbedarfe überall im Prozess von der Planung bis zur Implementierung auf. Städte sind dabei die konkretesten (kaum von ihren Regionen zu trennenden) Einheiten globaler Klimapolitik, die mit ihnen verbundenen Urbanisierungsprozesse von grenzüberschreitender Relevanz für die Bewältigung sozial-ökologischer Klimafolgen. Ihre politische Macht aber ist häufig begrenzt. Aus Sicht der Planungsdebatte ist daher zu fragen, wie Städte im Mehr-Ebenen-System gleichzeitig autonomer und kooperativer agieren und dabei mit höheren Ebenen vermittelt werden können, auf denen sozial-ökologische Rahmensetzungen erfolgen müssen.

Eine vernetzte Planungsinfrastruktur wie die hier skizzierte ist dabei ein gleichsam faszinierendes wie uferloses Gedankenspiel, bei dem jede Idee von Vollständigkeit Illusion bleiben muss. Für die gesellschaftliche Linke gilt es vielmehr, sich der klassischen Versuchung eines idealen Stadtentwurfs zu widersetzen, bestehende Beteiligungsinstrumente zu erweitern und zu radikalisieren und im Sinne konvivialer Technik (Vetter 2023) zu fragen, wie digitale Infrastrukturen Schritt für Schritt in den Dienst gemeinwohlorientierter Stadt-Klimaplanung gestellt werden können.

Das politische Subjekt für diese Transformation sind soziale Bewegungen, die an allen Ecken und Enden der Stadt dafür kämpfen, dem Kapitalismus vergesellschaftete Frei- und Handlungsspielräume abzutrotzen. Ihr gemeinsamer Bezugsrahmen könnte die Perspektive einer demokratisierten Planung auf Höhe des ökologischen Zeitalters sein – das heißt, all jene Stoffwechselprozesse, Bedürfnisse und Abhängigkeiten, die in den gegenwärtigen Verhältnissen externalisiert, dem Markt ausgesetzt oder ausgeblendet werden, in kollektiven Aushandlungsräumen zur politischen Geltung zu bringen.

Es geht dabei um das nur scheinbare Paradox, unsere Städte mittels Planung als “Orte spontaner, ungeplanter Interaktionen” (Bauriedl/Strüver, 2017) zu erhalten – das heißt, als unfertige und lebendige Frei- und Begegnungsräume in Zeiten zunehmenden ökonomisch-ökologischen Drucks.