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»Der Krieg kann nicht gewonnen werden«

Wie positioniert sich die Linke in den Wirrungen imperialen Aufrüstens, legitimer Selbstverteidigung und neuer Blockkonfrontation?

Gespräch mit Étienne Balibar, Silvia Federici, Michael Löwy und Marcello Musto
Am 6. Juli 2016 – sieben Jahre nach ihrer Einrichtung – veröffentliche die Chilcot-Untersuchungskommission in London ihren Abschlussbericht zu den Hintergründen des britischen Eintritts in den Irakkrieg von 2003. Darin bestätigt sie weitestgehend die Bedenken und Argumente der damaligen Antikriegsbewegung auf der Straße sowie der zahlreichen Parlamentsabgeordneten, die gegen den Einsatz stimmten. Die Kommission kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung, in den Krieg zu ziehen, getroffen wurde, bevor alle nichtmilitärischen Optionen zur Vernichtung etwaiger irakischer Massenvernichtungswaffen ausgeschöpft worden waren.
Als es im Oktober so aussah, als könnte Kobanê innerhalb weniger Stunden vom Islamischen Staat (IS) überrannt und könnten Tausende KurdInnen von religiösen Ultrarechten massakriert werden, präsentierte sich die LINKE von ihrer traurigsten Seite. Statt in einem Augenblick großer Verunsicherung Solidarität zu organisieren und dem Emanzipationsprojekt der syrischen KurdInnen in Deutschland eine Stimme zu verleihen, schien die Partei mit sich selbst beschäftigt. 14 ParlamentarierInnen forderten eine militärische Intervention mit UN-Mandat, obwohl weder die Verteidiger­Innen Kobanês noch die Mitgliedsstaaten im UN-Sicherheitsrat dies befürworteten. Dass die Initiative trotzdem medienwirksam platziert wurde, hat nur eine vernünftige Erklärung: Es ging darum, jene Teile des Parteiprogramms zu diskreditieren, mit denen sich die LINKE den Großmachtambitionen Deutschlands verweigert und die in den Medien gemeinhin als Haupthindernis für eine Koalition auf Bundesebene gelten.
Deutschland ist wirtschaftlich ein Riese, politisch aber ein Zwerg. Diese These hat seit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg im konservativen Lager seinen festen Ort und ist gleichsam die Basisannahme eines Jahrhunderts deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. Sie kennt in der Tradition der sogenannten realistischen Schule der internationalen Politik letztlich nur ein Problem: Wie eigentlich bekommt in der aktuellen Staatenwelt mein Staat mehr Sicherheit und Macht? Wie kann er sich im Kampf um Selbstbehauptung in der anarchisch-ungastlichen internationalen politischen Ordnung und der kapitalistischen Konkurrenz durchsetzen, also Hegemonie oder ein Primat erreichen, bewahren und ausbauen?

Religion als Herausforderung neoliberaler globaler Strukturen - Interview mit Stuart Hall

Gespräch mit Stuart Hall
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Der Krieg der Oligarchen

Der Bürgerkrieg in der Ukraine hat offensichtlich gemacht, dass die heute gängigen Maßstäbe der Bewertung politischer Prozesse untauglich sind. Die in vielen Analysen internationaler Konflikte präsente Unterstellung einer Homogenität nationaler Interessen sowie eine Trennung nationaler und internationaler Entwicklungen führen in die Irre.