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Auf zum grünen Festungskapitalismus? Die EU-Pläne für einen »grünen« Aufbauplan zur Bewältigung der Corona-Krise

Was am 18. Mai 2020 geschah, galt bis zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte der europäischen Integration als undenkbar. Angela Merkel und Emmanuel Macron traten nach einer Unterredung vor die Kameras und sprachen sich für einen »Wiederaufbaufonds« zur Bewältigung der durch COVID-19 ausgelösten Wirtschaftskrise in der Höhe von 500 Milliarden Euro aus, der durch eine begrenzte europäische Verschuldung finanziert werden soll. Mit diesem Fonds solle allem voran der ökologische und digitale Wandel gefördert werden.
Die „Equality and Human Rights Commission“ (EHRC) hat ihren lange erwarteten Bericht zu Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Labour Party am 29. Oktober 2020 vorgelegt. Er erhebt gravierende Vorwürfe gegen die Partei in der Amtszeit von Jeremy Corbyn als Vorsitzenden und enthält eine Reihe von Empfehlungen und Aufforderungen, zu denen sich die Partei bis Dezember verhalten soll. Nach der Veröffentlichung des Berichts hat die Parteiführung, ausgehend vom neuen Generalsekretär David Evans die Mitgliedschaft Jeremy Corbyns suspendiert, nachdem dieser aus Sicht der Parteiführung die Ergebnisse des Berichtes ohne vorherige Abstimmung relativiert habe.
Die Koalitionsregierung setzt auf ein breites gesellschaftliches Bündnis für den Wiederaufbau nach der Pandemie. Während die Unzufriedenheit der Linken wegen der andauernden Beschränkungen der Freiheitsrechte wächst, verschärft das rechte politische Lager seine Bemühungen, die spanische Regierung zu stürzen. Die autonome Region Madrid dient ihm dabei als Speerspitze.
Die Corona-Krise ist der schwerste Wirtschaftsschock seit der Großen Depression der 1930er Jahre. Die schwarze Null wurde beerdigt und die Schuldenbremse im Eiltempo durch Notfall-Kredite „ausgesetzt“. Die Corona-Krise offenbart wie ein Brandbeschleuniger die Fehler der Vergangenheit. Ob Renditemedizin, Investitionsstau oder Pflegenotstand: Die Kürzungspolitik in Europa macht die Krise teuer als nötig, weil die Wirtschaft wegen der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems gehemmt ist und die Unsicherheit nur mit großen Investitionen überwunden werden kann. Ohne staatliche Kredite (Schulden) wird die Krise teuer und die Brücke in die Zukunft reißt ab!

Das Gesamtergebnis: Größter Tory-Sieg seit 1987

Es ist üblich geworden, und das aus gutem Grunde, die Wahlforschung und die Medien für ihre ebenso unzuverlässigen wie manchmal manipulativen Vorhersagen zu kritisieren. Das Vereinigte Königreich hat zahlreiche Beispiele dafür geliefert: die Wahlen von 2015, als die Konservativen unter David Cameron eine unerwartete Mehrheit der Mandate errangen; das Brexit-Referendum 2016, dessen Ausgang kaum ein Kommentator wirklich für möglich gehalten hatte; die Unterhauswahlen 2017, als Labour unter Jeremy Corbyn gegen jede Erwartung von rund 30 auf 40 Prozent der Stimmen zulegte und Theresa May die sicher geglaubte Unterhausmehrheit verspielte.[1]
Teile der Öffentlichkeit schauen derzeit beunruhigt nach Frankreich. So wurde selbst in deutschen Medien zurückhaltend darauf hingewiesen, dass die Strategien zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in Frankreich äußerst gewalttätig sind und einer Revision bedürfen. Aktueller Höhepunkt war der Tod des jungen Steve Maia Caniço, der während eines Polizeieinsatzes gegen die Besucher*innen eines Technokonzerts in Nantes in der Nacht vom 21. auf den 22. Juni in der Loire ertrank, dessen sterbliche Überreste aber erst mehr als einen Monat später aus dem Fluss geborgen werden konnten.
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Geburtstag der Gelbwesten - Rückblick auf ein Jahr des Protests in Frankreich

In den Medien ist es still geworden um die Gelbwestenbewegung. Ist etwa wieder innenpolitische Ruhe eingekehrt, und kann Staatspräsident Emmanuel Macron  nun seinen wirtschaftsliberalen Umbau von Staat und Gesellschaft ungehindert fortsetzen? So einfach ist es nicht. Die Gelbwesten bereiten sich auf ihren nächsten großen Aktionstag vor. Vor einem Jahr, am 17. November 2018, begannen sie auf den Straßen Frankreichs Präsenz zu zeigen. Nach anfänglicher Duldung der Aktionen durch die französische Regierung begann bald eine Repression gegen die Bewegung, die ihresgleichen sucht. Doch trotz der Opfer und der Gängelung durch den Staatsapparat kämpft ein harter Kern der Gelbwesten weiter.
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Italien: Gemeinsame linke Liste zur Europawahl

Nun hat es doch noch geklappt. Nach Monaten schwieriger Verhandlungen hat sich zumindest ein Teil der italienischen Linken entschieden, zur Europawahl gemeinsam anzutreten. "Wir sind die einzige linke Liste bei den nächsten Europawahlen", sagte Nicola Fratoianni, Nationalsekretär der Partei "Sinistra Italiana" (italienische Linke) bei der Vorstellung der gemeinsamen linken Liste "La Sinistra" (Die Linke). Rifondazione Comunista, Sinistra Italiana, Partito del Sud, Convergenza Socialista, l’Altra Europa con Tsipras und Transform Italia einigten sich auf ein gemeinsames Programm, eine Liste und ein Symbol für das Bündnis.
Gibt es Anzeichen dafür, dass der spanische Staat in der Katalonien-Frage nachgibt? Vieles spricht dafür, nachdem das korrupte Rajoy-Regime durch ein Mißtrauensvotum auf den Müllhaufen der Geschichte befördert wurde. Es war allen voran Rajoy selbst, der den Katalonien-Konflikt anheizte, paramilitärische Polizeieinheiten in die Region schickte, um die katalanische Regierung absetzte und seine Gegner verhaften ließ. Mit der Minderheitsregierung der sozialdemokratischen PSOE unter Ministerpräsident Pedro Sánchez, toleriert von der Fraktion von Unid@s Podemos, ist eine Entschärfung des Konflikts wahrscheinlicher geworden. Nach Antritt der neuen Regierung kam es sogleich zu einigen symbolischen Gesten, um den Konflikt zu deeskalieren. Ein neues Abkommen zur Dezentralisierung von Aufgaben und Zuständigkeiten wurde in Aussicht gestellt. Ministerpräsident Sánchez sagte jedoch nichts über die fortgesetzte Internierung von neun politischen Gefangenen oder über die vielen im Exil, die Prozessen wegen ‚Rebellion‘ oder ‚Volksverhetzung‘ entgegensehen. Auch ein Referendum über die katalanische Unabhängigkeit lehnt er weiterhin als illegal ab.
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Widerstand gegen die neoliberale Rentenreform in Russland

Am 14. Juni 2018 hat die Regierung der Russischen Föderation ein Gesetzesprojekt zu einer Rentenreform in das russische Parlament, die Duma, eingebracht. Es geht um eine schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre für Männer und 63 Jahre für Frauen. Nach derzeitigem Recht beträgt das Renteneintrittsalter für Frauen 55 und für Männer 60 Jahre. Das Projekt über die Veränderung des geltenden „Gesetzes über die gesetzlichen Renten in der Russischen Föderation“ wurde bereits vom Ausschuss für Arbeit, Sozialpolitik und Angelegenheiten älterer Menschen der Duma angenommen und auch von der Mehrheit der gesetzgebenden Organe in den Regionen anerkannt. Es erhielt Unterstützung von der Mehrzahl der Abgeordneten der Staatsduma sowie einer Reihe von Prominenten in Politik und Gesellschaft sowie populären Medienvertreter*innen.
Pablo Iglesias (Podemos) und Alberto Garzón (Izquierda Unida) kündigen in diesem gemeinsamen Artikel an, in den "nächsten Jahren gemeinsam den politischen Kampf und die Wahlkämpfe zu führen."
Dieser Artikel soll unsere Verpflichtung zur Zusammenarbeit deutlich machen. Nur gemeinsam können wir ein souveränes Land aufzubauen, in dem soziale Gerechtigkeit und wirkliche Gleichheit zwischen Frauen und Männern herrscht, und in dem Spanien territorial so organisiert ist, dass die vielfältigen Nationalitäten (plurinacionalidad) anerkannt werden.
Anomalie oder Laboratorium - wie ist die politische Situation in Italien einzuschätzen? Die Sieger der allgemeinen Wahlen vom 4. März 2018 sind die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega von Matteo Salvini. Die Linke hingegen ist fragmentiert und steht als Verlierer da. Auch wenn keine Partei oder Regierung derzeit eine Mehrheit zu Stande bringt, tritt jedoch keine Situation der „Unregierbarkeit“ ein. Um diese politische Situation zu verstehen und mögliche künftige Szenarien zu entwerfen, müssen wir uns die Entwicklungen der letzten sieben Jahre vor Augen führen, insbesondere die vor kurzem erfolgte Reform des Wahlgesetzes.
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35-Stunden-Woche als erster Schritt: Die Arbeitszeitpolitik der portugiesischen Regierung

Austerität bezeichnet den Ausnahmezustand, unter dem Portugal seit zehn Jahren lebt und dessen gesellschaftlichen Verwerfungen unter anderem zu einer Verlängerung der Arbeitszeit führten. Aus kleineren Anpassungsprogrammen, die in der Folge der Finanzkrise von 2007-2008 noch von der damaligen Minderheitsregierung der Sozialistischen Partei (SP) eingeführt wurden – Bankenrettung, Lohn- und Gehaltskürzungen, sowie eine stetig voranschreitende Absenkung von Sozialleistungen – wurde zwischen 2011 und 2014 immer deutlicher ein Generalangriff auf den Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung.
Das Projekt der Unabhängigkeit Kataloniens ist vorerst gescheitert. Am 21. Dezember finden in der Autonomen Republik Katalonien erneut Wahlen statt - erzwungen nach der Anwendung des Artikel 155 der Verfassung des spanischen Staates und der Absetzung der katalanischen Regierung durch die rechte Zentralregierung in Madrid. Seither wird das Land von Madrid aus zwangsverwaltet. Der Bürgerkrieg ist ausgeblieben, doch ebenso die großen Proteste. Und nicht nur die Unabhängigkeitsbewegung sieht sich mit schwierigen Zeiten konfrontiert. In der Polarisierung zwischen Kräften der Unabhängigkeit und zum Erhalt  der spanischen Einheit wurden jene zerrieben, die quer zu diesen Fragen der Nation stehen, insbesondere Catalunya en Comú (CeC) Podem, der Zusammenschluss aus den rebellischen Linken von Podemos und der munizipalistischen Bewegung. Sie «bezahlen den Preis für ihren Versuch politische Brücken zu bauen» (Tamames 2017) und sich dem Entweder-oder zu entziehen, auf Kosten von Verratsvorwürfen beider Seiten.
Die Katalan*innen haben ein Recht auf ein Referendum. Seit Jahren gärt es. Längst geht es nicht mehr nur um die alten nationalistischen Unabhängigkeitsbestrebungen, die sich auf den Verlust der katalanischen Unabhängigkeit im 18. Jahrhundert beziehen. Referenzpunkt ist bei vielen eher die Zeit der Republik in den 1930er Jahren und der »kurze Sommer der Anarchie«. Dies ist keine Selbstverständlichkeit. Über viele Jahrzehnte wurde der katalanische Nationalismus vorwiegend von der Bourgeoisie vertreten, einer im spanischen Vergleich reichen und mächtigen Bourgeoisie, die mit den Autonomiestatuten dem postfranquistischen spanischen Regime viele Zugeständnisse abringen konnte. Schließlich waren über Jahrzehnte viele Regierungen von PP und PSOE von der katalanischen Regionalpartei Convergència i Unió (kurz CiU) abhängig. Diese stellte auch jahrzehntelang den katalanischen Ministerpräsidenten. Doch seit Ausbruch der Krise und der gesellschaftlichen Mobilisierung seit 2011 veränderte die Bewegung für »wirkliche Demokratie« auch die Bewegung für Unabhängigkeit. 
Wenn die Wähler*innen Kataloniens am 1. Oktober zur Urne gehen, steht mehr auf dem Spiel als die Unabhängigkeit. Es geht auch um die Zukunft des spanischen Staates. Und zugleich ist das Referendum möglicherweise ein Präzedenzfall für den inneren Zerfall der Europäischen Union. In vielen Aspekten ist das Referendum eine sehr spezifische Angelegenheit, die bis zum Verlust der katalanischen Unabhängigkeit im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-14) zurückreicht. Die Katalan*innen verloren mehr als ihre politische Freiheit, als die vereinten Kräfte der französischen und spanischen Armee Barcelona einnahmen.
»Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten, die nach mutigen und kreativen Lösungen verlangen. Wenn es uns gelingt, uns eine ganz andere Stadt vorzustellen, dann werden wir es auch schaffen, sie grundlegend zu verändern.«– Ada Colau, Bürgermeisterin von Barcelona Ada Colau ist seit zwei Jahren Bürgermeisterin von Barcelona. Es gibt acht Dinge, die wir von ihr und Barcelona en Comú aus dieser Zeit lernen können.
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Mays schwache Karten. Die Verhandlungen zum Brexit

Die konservative Regierung des Vereinigten Königreichs ist schwach, die Labour-Partei im Aufschwung, und die EU-Mitglieder dürsten nach Blut. Nun, da der Countdown bis zum Ausstieg Britanniens aus der Europäischen Union läuft, lässt sich Jeremy Corbyn, der Führer der britischen Labour-Partei als die hoffnungsvolle Miranda in Shakespeares Sturm denken: "Wie schön der Mensch ist. Schöne, neue Welt, die solche Bürger trägt!" Und die konservative Premierministerin Theresa May in der Rolle der Lady Macbeth: "Fort, verdammter Fleck! Fort, sage ich!" Messerwetzende Franzosen, die Tories in tiefer Verwirrung, die Iren nach Antworten verlangend, und noch knappe 17 Monate Zeit, bevor der Brexit kommt – das Ganze ist Material für ein ziemlich gutes Theaterstück. Die Schwierigkeit besteht nur darin, zwischen Tragödie und Farce zu unterscheiden.
Catarina Prncipe sprach für uns mit Marina Mortagua, Abgeordnete des Bloco de Esquerda, des sogenannten Linksblocks, im portugiesischen Parlament. Catharina selbst ist in unterschiedlichen sozialen Bewegungen aktiv – insbesondere in solchen, die sich gegen das europäische Krisenregime richten. Sie ist ebenfalls Mitglied der Partei Bloco de Esquerda und hat für die Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Studie zur Tolerierung der sozialistischen Regierung durch die radikale Linke im Parlament verfasst, die demnächst erscheinen wird. Welches sind die wichtigsten Maßnahmen, die der Bloco de Esquerda (BE) mit der Regierung des Partido Socialista (PS) ausgehandelt und verbindlich vereinbart hat?
Der französische Präsidentschaftswahlkampf offenbarte fundamentale Krisenprozesse und manifestierte historische Umbrüche der französischen Gesellschaft. Mit dem Einzug von Marine Le Pen und Emmanuel Macron zeigte sich in Frankreich eine gesellschaftliche Polarisierung, wie sie bisher in noch keinem europäischen Land deutlich wurde. Die von Zürn (2016; vgl. auch Zürn/de Wilde 2016) herausgearbeiteten „gesellschaftlichen Konfliktlinien“ zwischen Kosmopolitismus und regressiven Kommunitarismus personalisierten sich im Duell zwischen Macron und Le Pen in der Stichwahl am 7. Mai 2017. Anders jedoch als in den meisten europäischen Ländern wurde mit der Bewegung „La France Insoumise“ und ihrem Kandidaten Jean-Luc Mélenchon ein dritter gesellschaftlicher Pol sichtbar.
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Vergessene Orte. Die französischen Banlieues zwischen Revolte und Angst

Wann immer in Deutschland von französischen Banlieues die Rede ist, stehen die Themen Kriminalität und Gewalt im Vordergrund. Auch in der Linken haben sich bestimmte Eindrücke festgesetzt: einerseits von rebellischen Jugendlichen, mehrheitlich mit Migrationshintergrund, die jeden Anlass dafür nutzen, mit ›disruptiven Mitteln‹ ihrer Gegnerschaft zum bestehenden System Ausdruck zu verleihen; andererseits eine deklassierte Arbeiterklasse, meist ohne Migrationshintergrund, die sich schon seit Langem von der Politik abgewendet hat und – wenn sie sich überhaupt zu Wort meldet – mit dem Front National sympathisiert und sich an dessen Versprechungen klammert.

Warum einem Erfolg der Sozialdemokratie die Voraussetzungen fehlen oder: Wer nicht kämpft, hat schon verloren

Varoufakis: Auf den Bruch vorbereiten

Griechenland müsse wettbewerbsfähig werden oder die Eurozone verlassen, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erneut in der ARD-Sendung "Maischberger". Das Land sei noch nicht über den Berg, so Schäuble. "Deswegen muss der Druck auf Griechenland aufrecht erhalten bleiben, die Reformen zu machen und wettbewerbsfähig zu sein. Sonst können sie nicht in der Währungsunion bleiben." Einen Schuldenschnitt lehnte er kategorisch ab. Für ein Euro-Mitgliedsland gebe es keinen Schuldenschnitt, so Schäuble. Dafür müsste Griechenland aus der Währungsunion austreten.
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Ein Klassensieg ohne Klassenpartei

Der überwältigende Sieg des ›Neins‹ beim Verfassungsreferendum am 4. Dezember (59,11 Prozent zu 40,89 Prozent) hat endlich den Sumpf, in dem die italienische Politik seit einiger Zeit stecken geblieben war, in einen reißenden Strom verwandelt, der rasend schnell auf einen Abgrund zufließt: Den Abgrund der kommenden Parlamentswahlen. Das gesamte politische System Italiens befindet sich in einer Krise, und diese Krise des politischen Systems ist die direkte Folge der Krise des gesellschaftlichen Systems.
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Nach dem »Nein«. Politische Szenarien in Folge des Verfassungsreferendums in Italien

“Die Ergebnisse des Verfassungsreferendums vom 4. Dezember in Italien bezeugen die Fähigkeit der Zivilgesellschaft und sozialen Bewegungen, sich die institutionalisierten Werkzeuge direkter Demokratie zugunsten fortschrittlicher Zielsetzungen zu eigen zu machen” schreibt Donatella della Porta in ihrem neuen Buch Referendums from Below.[1] Das jedoch ist keinesfalls sicher, betrachten wir die eifrige Beteiligung von Kräften wie den „mehrdeutigen Populismus“ von Grillos 5-Sterne-Bewegung an der Kampagne, oder der radikalen Rechten (einschließlich einiger faschistischer Gruppen) von Salvinis Liga, sowie die linke Minderheit der Demokratischen Partei. D.h., konservative und sogar reaktionäre Elemente haben ihren erheblichen Anteil am Nein gespielt.
Am 6. Juli 2016 – sieben Jahre nach ihrer Einrichtung – veröffentliche die Chilcot-Untersuchungskommission in London ihren Abschlussbericht zu den Hintergründen des britischen Eintritts in den Irakkrieg von 2003. Darin bestätigt sie weitestgehend die Bedenken und Argumente der damaligen Antikriegsbewegung auf der Straße sowie der zahlreichen Parlamentsabgeordneten, die gegen den Einsatz stimmten. Die Kommission kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung, in den Krieg zu ziehen, getroffen wurde, bevor alle nichtmilitärischen Optionen zur Vernichtung etwaiger irakischer Massenvernichtungswaffen ausgeschöpft worden waren.
Das Zweiparteiensystem ist schon seit den letzten Wahlen Geschichte. Aus den Fehlern der letzten Wahl, bei der Podemos und die Vereinigte Linke (Izquierda Unida, IU) getrennt angetreten waren, ist gelernt worden: Das spanische Wahlsystem begünstigt bevölkerungsarme, ländliche Regionen und Regionalparteien, benachteiligt kleine landesweite Parteien.
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Brexit: Ist das ein OXI?

Die Briten haben für den Austritt aus der EU gestimmt. Das ist ein Paukenschlag, ein ordentlicher Knacks für die europäische Herrschaftsarchitektur. Dieser Umstand zaubert einigen Linken ein Lächeln ins Gesicht. Andere jammern, es drohe ein Prozess des Zerfalls der Europäischen Union. Egal wie man zur EU steht: Über den Brexit zu jammern oder zu jubeln, bringt rein gar nichts. Wir müssen uns auf eine veränderte politische Konjunktur einstellen. Und darin eine populare Politik für eine linke Alternative entwickeln.
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Brexit, Lexit or what?

Kurz vor dem Referendum ist die britische Linke in einem Dilemma: Wie positioniert man sich angesichts einer Rechten von UKIPs Nigel Farage bis Boris Johnson (bis vor kurzem Bürgermeister Londons für die Tories) und einer Regierungsmehrheit, die den Brexit als Waffe für einen schmutzigen Deal mit der EU genutzt hat und nun für den Verbleib im europäischen Verbund plädiert? Keine leichte Aufgabe - auch und gerade für jene Linke, die, wie Jeremy Corbyn, für einen Exit von links sind, den Lexit, wie Owen Jones es nennt. Diese Frage drohte die Linke auf den Inseln zu spalten. Die schottische Linke ist fest für den Verbleib in der EU. Nun war es an der Labour Party sich zu entscheiden. Hier erweist sich, ob eine Linke nur Prinzipien hochhält oder tatsächlich zu strategischen Entscheidungen in konkreten Situationen fähig ist.
"Heute müssen wir zugeben, dass der Traum von einem gemeinsamen Europäischen Staat mit gemeinsamen Interessen, mit einer gemeinsamen Vision […] die geeinte Europäische Union eine Illusion war.” Es war kein notorischer Euroskeptiker, der diesen Befund formulierte, sondern Donald Tusk, Präsident des EU-Rates, Anfang Mai 2016.[1] Und Kommissionspräsident Juncker sprach schon bei seinem Amtsanritt im Januar 2015 von der „Kommission der letzten Chance.“
17,5 Prozent der in Irland Geborenen leben im Ausland. Jeder Vierte im Alter von 20 bis 30 Jahren hat das Land verlassen. Es gibt kaum eine Familie, die nicht davon von Auswanderung betroffen ist. Seit Ausbruch der Krise sind über 300 000 Menschen in den letzten sechs Jahren ausgewandert; darüber hinaus gibt es eine Viertelmillion Arbeitslose. Alles in allem sind eine Dreiviertelmillion Menschen von einer Bevölkerung von viereinhalb Millionen entweder migriert, arbeitslos, befinden sich in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder sind unterbeschäftigt.
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»Lasst uns den Faden wieder aufnehmen«

Welche Veränderungen der Kräfteverhältnisse haben sich nach den Wahlen ergeben? Der historische Sieg der Linken im Januar 2015 markierte nicht nur eine Veränderung im System der politischen Repräsentation, sondern brachte auch eine neue Dynamik der politischen Kräfte. Dennoch führten die Art, wie der Sieg errungen wurde, und die Schwierigkeiten, mit denen die erste linke Regierung zu tun hatte, zu dramatischen Konzessionen und letztlich zu einer Niederlage nach dem Referendum im Juli. Diese Niederlage müssen wir als zentralen Wendepunkt innerhalb eines langen Kampfes um die Staatsmacht begreifen. Diese wurde jedoch kaum kollektiv bearbeitet, sodass es zu Recht viele wütende Reaktionen und große Enttäuschung gab.

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Die kommenden Wahlen. Portugal, Spanien, Irland entscheiden über die Zukunft Europas

Nachdem nun Griechenland gewählt hat wird es im Zeitraum bis zum nächsten April in drei weiteren EU-Mitgliedsstaaten Parlamentswahlen geben. Sie werden maßgeblich beeinflussen, ob die Organisation der 28 Staaten weiterhin einem Wirtschaftsmodell wachsender Einkommensungleichheit folgen wird, das Reichtum für ganz wenige und Not für viele bedeutet. Es geht um die Wahl zwischen einer fast religiösen Fokussierung auf die „Sünde“ der Schulden und die „Erlösung“ von dieser durch Austerität - oder einer Neuorientierung auf ökonomische Impulse, öffentliche Wohlfahrt und Demokratie für alle.
Unsere Gegner haben uns ernst genommen. Unsere Gegner haben geglaubt, dass wir für das System tatsächlich eine Gefahr darstellen. Nicht bezogen auf die wirtschaftliche, aber doch auf die politische Sphäre. Sie haben uns als eine Bedrohung für die Hegemonie des neoliberalen Paradigmas behandelt. Sie betrachteten uns als eigenständiges Paradigma; einem Paradigma, das es genauso zu vernichten galt, wie alle anderen Versuche, den Neoliberalismus in Frage zu stellen, und damit auch jede Hoffnung auf eine Überwindung dieses Systems in Europa.
»Europa ist nicht mehr wie zuvor« schreibt Mario Candeias gut ein halbes Jahr nach dem Wahlsieg von Syriza bei den griechischen Parlamentswahlen im Januar 2015. Ein langes halbes Jahr zwischen Aufbruch und Ernüchterung, das uns die Möglichkeit linker Wahlsiege und gesellschaftlicher Mobilisierungen genauso wie die engen Grenzen des autoritär-neoliberalen Europas drastisch vor Augen geführt hat. Mit der brutalen Erpressung der Regierung Tsipras durch die Troika und insbesondere die deutsche Regierung im Juli 2015 hat der Versuch mit dem Primat der Austerität zu brechen eine herbe Niederlage erlitten. Allerdings ist die Auseinandersetzung damit genauso wenig beendet wie die Krise, aber viele Fragen stellen sich neu - nicht nur für die griechische Linke sondern für Linke in ganz Europa. Das Griechenland-Special der Luxemburg versammelt Texte vom Wahlsieg bis zur Debatte nach dem OXI und Memorandum.
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Neubeginn in der Sackgasse

Alle, die in den letzten Wochen versuchen, zu einer Einschätzung über den Regierungskurs von Syriza zu kommen und dabei deren Pro-Memorandum-Wendung ablehnen, sind de facto zur Beantwortung der schmerzlichen Frage aufgerufen: War die Kapitulation gegenüber den Gläubigern das Ergebnis von Alexis Tsipras' Bruch mit dem Parteiprogramm, oder müssen wir untersuchen, ob, von allem anderen abgesehen, die politische Strategie von Syriza falsch war? Diese Frage betrifft nicht nur die theoretische Analyse der Ereignisse, denn je nach ihrer Beantwortung ergeben sich auch andere politische Strategien für das ›Danach‹.
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Was geschieht beim Aufeinandertreffen zweier Querschnitte?

Die Memoranden, also die Vormundschaft durch das Ausland, rufen in jedem Land die Auflösung des alten politischen Systems hervor. In Griechenland haben sich die Rechte und die gemäßigte Linke bereits pulverisiert und sind nun auf der Suche nach Methoden für ihre Renaissance (derzeit eine Totgeburt, zumal das alte politische Personal auch weiterhin den Ton angibt, wie die Bewegung „Wir bleiben in Europa“ und die Kampagne für das „Ja“ beim Volksentscheid gezeigt haben). Auf der anderen Seite hat es die Linke geschafft, ihren Zusammenhalt über diesen gesamten Zeitraum zu wahren, schon weil SYRIZA, obwohl sie keine ganz neue politische Kraft darstellte, auch nicht völlig alt war. Doch die Niederlage der Regierung in den Verhandlungen mit der EU verändert die Sachlage, denn sie übt nunmehr auch auf SYRIZA Liquidationsdruck aus.

Über Podemos und die Gefahren populistischer Politik

Gespräch mit Íñigo Errejón und Alberto Garzón
Angela Merkels Behauptung, die Gläubiger hätten Griechenland zuletzt ein »außergewöhnlich großzügiges Angebot« gemacht, ist ein schlechter Witz. Die Position der Gläubiger ist im Wesentlichen seit dem ersten Tag der Verhandlungen mit der neuen griechischen Regierung unverändert. Die Regierungen der Euro-Gruppe und die Troika von Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und Europäischer Kommission beharren bis heute auf einer Fortsetzung der Austeritätspolitik in Griechenland, insbesondere auf weiteren gravierenden Mehrwertsteuererhöhungen und Rentenkürzungen, die zu einer weiteren Verarmung der breiten Masse der griechischen Bevölkerung führen würden.
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Kontrovers: Eine Suppe aus Parteikürzeln oder wie gewinnt man die Regierungsmacht im spanischen Staat?

Innerhalb der Linken im spanischen Staat wird derzeit eine scharfe Kontroverse über die richtige Strategie bei den kommen Parlamentswahlen ausgetragen. Nach den Ergebnissen der Kommunalwahlen plädieren viele, dem Beispiel der verbindenden Kommunalen Plattformen wie Barcelona en Como oder Ahora Madrid zu folgen und gemeinsam anzutreten. Alberto Garzon, Spitzenkandidat der Vereinigten Linken (IU), lancierte einen entsprechenden Vorschlag für eine Unidad Popular, eines neuen politischen Subjekts aller transformatorischen Kräfte aus Bewegungen, Zivilgesellschaft, Parteien, Gewerkschaften. Pablo Iglesias und die Führung von Podemos erwidern, dass es dieses Subjekt bereits gäbe - Podemos - und lehnten den Vorschlag brüsk ab. Die Debatte durchzieht aber auch Podemos selbst. Starke Kritik formiert sich auch am zentralistischen Vorgehen bei der Aufstellung der Wahllisten. Inzwischen hat sich eine Initiative für eine verbindende Plattform gebildet, sie nennt sich Ahora en Común. Doch die Differenzen sind groß. Hier zwei kontroverse Positionen.[1]
Anfang November letzten Jahres machte Chema Ruiz (geboren 1975 in Torres de Alameda, Madrid) über seine Facebook-Seite publik, dass er die IU verlassen würde. Er gehörte damals sowohl dem Politischen Föderalrat sowie dem Sekretariat für Soziale Bewegungen der IU an. Seit Langem ist er Aktivist in verschiedenen Bürgerinitiativen und war in Madrid eine der ersten Stimmen und Impulsgeber für die Plataforma der Afectados por la Hypoteca (PAH), die Initiative der von Hypotheken Betroffenen. Als entschiedener Verfechter von politischer Konvergenz bemühte er sich bereits vor der Gründung von Podemos in diesem Sinne auf die IU einzuwirken.
Europa ist wieder in Bewegung – und die Linke schwankt zwischen Euphorie und Enttäuschung. Mit dem Wahlsieg Ende Januar hat SYRIZA selbst noch optimistische Prognosen übertroffen, inzwischen kann sich die Regierung in Griechenland sogar Unterstützungswerten von über 80 Prozent erfreuen. Gleichzeitig liefert sich Podemos in Spanien im Vorfeld der Wahlen im kommenden Herbst ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der konservativen Partido Popular. Die zwischenzeitliche Beruhigung der Krise seit Herbst 2012 wirkt angesichts des Deflationsrisikos im Euroraum, schwachen Wachstumsdaten in Deutschland und einer teilweise sogar einbrechenden Konjunktur in Frankreich rückblickend eher trügerisch, wie die Ruhe vor dem Sturm, vor der nächsten Episode einer Krise, die uns noch lange in Atem halten wird. Anders als beim Ausbruch der sogenannten Euro-Krise vor fünf Jahren gibt es nun aber mit SYRIZA und Podemos eine ernstzunehmende europäische Bewegung, die die Austeritätspolitik grundlegend in Frage stellt.
Athen, den 8. Februar 2015   Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten,   die Wiederherstellung unserer Volkssouveränität, die Rehabilitierung der gleichberechtigten Rolle unseres Landes im institutionellen Rahmen der Europäischen Union, die Bewältigung der humanitären Krise, die Wiederherstellung der Würde unseres Volkes, die soziale Gerechtigkeit und die kulturelle Erneuerung unseres Vaterlandes sind die Hauptziele der Regierung der sozialen Rettung, die wir am 25. Januar nach der Wahl unseres souveränen Volkes gebildet haben.
Übersetzung: Fraktion DIE LINKE im Bundestag Formulierungen in [eckigen Klammern] bieten andere mögliche Übersetzungsvarianten bzw. die wörtliche Übertragung. Auch Englisch ist nicht immer eindeutig. Athen, 18. Februar 2015 Sehr geehrter Präsident der Eurogruppe, während der letzten fünf Jahre hat das griechische Volk bemerkenswerte Anstrengungen zur wirtschaftlichen Anpassung unternommen. Die neue Regierung ist einem breiteren und tieferen Reformprozess verpflichtet, der auf eine dauerhafte Verbesserung der Wachstums- und Beschäftigungsaussichten, auf die Sicherung eines tragfähigen Schuldenniveaus und finanzieller Stabilität, die Erhöhung sozialer Gerechtigkeit und die Milderung der hohen sozialen Kosten der anhaltenden Krise abzielt.
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Athen ist nur der Anfang. Von der Wiederkehr der Hoffnung auf Veränderung

Zum ersten Mal seit Beginn der weltweiten Finanzkrise, die 2008/09 begann, wird ernsthaft über eine Alternative zur autoritären Krisenbearbeitung und Kürzungspolitik diskutiert. Mit dem Wahlsieg von SYRIZA in Griechenland wurde eine linke Regierung in Europa in die Lage versetzt, eine Politik offensiv infrage zu stellen, die für soziale Verelendung, den Abbau von demokratischen und sozialen Rechten und Umverteilung von unten nach verantwortlich ist. Nun muss sich zeigen, ob es gelingen kann, diesen Moment für eine wirkungsvolle Verdichtung sozialer Proteste und des Widerstands in Europa und Deutschland zu nutzen.
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Den griechischen Albtraum beenden

Wir veröffentlichen hier einen Artikel von Paul Krugman, der am 26. Januar­ – also am Tag nach den Wahlen in Griechenland – in der © New York Times erschien. Die jüngste Vereinbarung zwischen der Regierung Griechenlands und der Euro-Zone hat Krugman in Delphic Demarche kommentiert.   Alexis Tsipras, der Anführer der linken Syriza-Koalition, ist im Begriff, griechischer Ministerpräsident zu werden. Er wird das erste europäische Staatsoberhaupt sein, das aufgrund des ausdrücklichen Versprechens gewählt wird, gegen die seit 2010 vorherrschende Austeritätspolitik vorzugehen. Und es werden ihm natürlich viele Leute raten, dieses Versprechen aufzugeben und sich »verantwortungsvoll« zu verhalten.
Führende GewerkschafterInnen, die republikanische Partei Sinn Fein und eine Reihe weiterer linker Stimmen haben einen Aufruf zur Bildung einer neuen politischen Kraft gegen die Austeritätspolitik unterstützt – mit der Perspektive, die Regierung in der Republik Irland zu übernehmen.
Europas inkompetentes Management der unvermeidbaren Eurokrise hat bei den letzten Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 zu einem Ergebnis geführt, das ein deutliches Signal für den Zerfall Europas war. Und Europa zerfällt deswegen, weil die Sozialdemokratie es auf spektakuläre Weise versäumt hat einzuschreiten, sowohl während der Konstruktion des Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, als auch, noch fataler, nachdem die Krise derselben begonnen hatte.
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Athens calling?

Der europäische Frühling hat in Athen begonnen. Eine Woche nach der griechischen Wahl zogen 200.000 Menschen durch Madrid, das Motto: »Wir haben keine Angst mehr. Die Angst ist jetzt auf der anderen Seite.« Auf vielen Schildern las man ein einfaches »Tic Tac Tic Tac...«, um den Herrschenden zu signalisieren, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Und wen es beim Lesen dieser Worte nicht packt, der sollte sich die Rede von Pablo Iglesias auf youtube anschauen, Iglesias rief den Menschen auf dem übervollen Platz Puerta del Sol zu: »Von der Fähigkeit diesen Zeitpunkt zu nützen, hängt ab, was einer ganzen Generation widerfahren wird […] Madrid, Europa, 31. Januar 2015, Jahr des Wandels. Wir können träumen, wir können siegen!«

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Herausforderungen für die griechische radikale Anti-EU-Linke

Der 25. Januar markiert einen Wendepunkt für Griechenland. Mit dem Wahlsieg SYRIZA’s ist das Ende der Austeritätsregierung von Nea Dimokratia und PASOK besiegelt. Die politische Landschaft hat sich damit dramatisch verändert. Dies ist das Ergebnis einer in Europa beispiellosen politischen Krise, die in einigen Momenten die Form einer hegemonialen Krise annahm. Der Teufelskreis aus Sparkurs–Arbeitslosigkeit–Rezession war in seinen Auswirkungen verheerend. Mit ihm entstand eine lang anhaltende Protestbewegung, die in einigen Augenblicken fast aufständische Formen annahm und als Katalysator fungierte für die tiefen Brüche in der politischen Repräsentation. In weiten Teilen der subalternen Klassen wuchs ein neues Gefühl der gemeinsamen Identität des Kampfes und Protestes – neue Formen der Politisierung und Radikalisierung entstanden.
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»Dass wir die absolute Mehrheit anstreben, ist Ausdruck einer Notwendigkeit.«

Der 36-jährige Journalist und Hochschullehrer Pablo Iglesias ist die zentrale Figur der neuen spanischen Linkspartei Podemos. Durch seine Fernsehauftritte und die scharfe Kritik von Neoliberalismus, Troika-Diktaten und politischer Korruption hat Iglesias die erst im Januar entstandene Partei in wenigen Monaten zum zentralen Akteur der spanischen Politik gemacht. Podemos, die sich selbst als Verlängerung der großen 15M-Protestbewegung von 2011 versteht, hat realistische Chance, die Wahlen im kommenden Jahr zu gewinnen. Dabei wird aber auch der Widerspruch zwischen linker Programmatik und einem bemüht moderaten oder sogar unpolitischen Auftreten immer größer.
Am 11. Mai 2013 entstand in Slowenien die »Initiative für einen demokratischen Sozialismus«. Ein knappes Jahr später gründete sie sich als Partei, um bei den Wahlen zum Europaparlament antreten zu können. Im Rahmen eines Parteienbündnisses Vereinigte Linke landete sie – zusammen mit zwei anderen linken Parteien – aus dem Stand bei 5,5 Prozent. Das reichte zwar nicht, um einen Sitz im Europäischen Parlament zu erhalten, wurde aber angesichts der begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen und wegen einer geringen Wahlbeteiligung von nur 24 Prozent als hervorragendes Ergebnis gewertet. Ein ähnlicher Erfolg konnte bei den nationalen Parlamentswahlen im Juli 2014 wiederholt werden: Die Initiative kam auf 5,9 Prozent und verfügt damit über 6 Sitze im slowenischen Parlament. Über die Hintergründe und Perspektiven des Erneuerungsprozesses einer sozialistischen Linken in Slowenien sprachen wir mit Kira Cerjak, Mario Vladić und Aljoša Slameršak. Alle drei engagieren sich in der neuen Partei.
Nachdem Ada Colau als Sprecherin der Plataforma de Afectados por la Hipoteca (PAH, Bewegung gegen Zwangsräumungen) zu einer Gallionsfigur der Krisenproteste im spanischen Staat geworden ist, hat sie ein neues Projekt in Angriff genommen. Sie ist eine der Sprecherinnen von Guanyem Barcelona (Barcelona gewinnen), einer Bürgerplattform, die sich Ende Juni in Barcelona vorgestellt hat und eine radikaloppositionelle Kandidatur für die Bürgermeisterwahlen 2015 vorschlägt. In diesem Interview spricht sie über die Initiative und die Situation in der Stadt und erklärt, wie sich das Projekt weiter entwickeln könnte.
Die europäischen Eliten haben in ihrer ­Reaktion auf die Krise bislang dafür Sorge getragen, dass sich die privaten Verluste in einem überschaubaren Rahmen hielten. Die Furcht von Privatgläubigern vor größeren Zahlungsausfällen im Euroraum konnten sie mit ihrem zögerlichen Agieren, das weitgehend in nationalstaatlichen Lösungsansätzen steckenblieb, jedoch nicht gänzlich zerstreuen. Es musste erst die Europäische Zentralbank (EZB) auf den Plan treten und ihre Bereitschaft zu weitreichenden Interventionen verkünden, damit auf den europäischen Finanzmärkten eine gewisse Beruhigung einkehrte. Diesen erheblichen Einfluss auf die wirtschaftspolitische Architektur Europas verdankt die EZB vor allem zwei Faktoren: Zum einen steht sie an der Spitze der Geldpyramide, zum anderen ist sie eine der am stärksten zentralisierten Institutionen in Europa und somit zu schnellen Entscheidungen fähig. Die Zentralbank verschaffte mit ihrer Initiative den anderen Akteuren der Wirtschaftspolitik allerdings nur eine Art Verschnaufpause. Die großen Herausforderungen bleiben bestehen.
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Vom Kontrollstaat zur Praxis destituierender Macht

Hier in Athen[1] über das Schicksal der heutigen Demokratie nachzudenken, ist irgendwie verunsichernd, weil es dazu zwingt, das Ende der Demokratie an dem Ort zu begreifen, an dem sie entstand. Tatsächlich möchte ich die Hypothese vorbringen, dass das Regierungsmodell, das heute in Europa vorherrscht, nicht nur undemokratisch ist – man kann es auch nicht als politisch betrachten. Ich will deshalb versuchen zu zeigen, dass die europäische Gesellschaft heute keine politische Gesellschaft mehr ist. Sie ist etwas ganz Neues – etwas, wofür uns die richtigen Begriffe fehlen und wofür wir deshalb eine neue Strategie zu entwickeln haben.
Viele werfen der Allianz der Radikalen Linken (SYRIZA) in Griechenland vor, dass ihr Regierungsprogramm nicht radikal genug sei. Vergleicht man es etwa mit dem von François Mitterrand Anfang der 1980er Jahre, erscheinen die Forderungen von SYRIZA tatsächlich gemäßigt, denn vieles davon orientiert auf Sozialstandards, die im Verlauf der Krise erst zerstört wurden: Die Tarifautonomie soll wiederhergestellt und der Mindestlohn auf das Niveau von 2009 angehoben werden. Eine Reihe von Sofortmaßnahmen soll helfen, die größte Not in Griechenland zu lindern. Es geht um einen Zugang aller zu medizinischer Versorgung (jedeR Vierte ist ohne Krankenversicherung und hat nur im äußersten Notfall Zugang zu medizinischer Versorgung), die Nutzung staatlicher und kirchlicher Immobilien, um die Wohnungsnot abzufedern, und um Regelungen zur Tilgung von Bank- und Steuerschulden für niedrige Einkommensschichten sowie für kleine und mittlere Unternehmen. Vieles davon liegt schon als Gesetzentwurf vor – mit Finanzierungsberechnung.
Banken sind profitorientiert wie andere Unternehmen auch. Besonders ist nur, dass sie als Kreditgeber und -nehmer Beziehungen mit Unternehmen aller Branchen haben. Vor allem Großbanken gelten als ›systemrelevant‹, da deren Zusammenbruch Kettenreaktionen im gesellschaftlichen Geldkreislauf auslösen kann. Neben dem normalen Unternehmensrecht existiert deshalb ein besonderes Bankenrecht. Die Behörden, die dieses durchsetzen sollen, sind unverzichtbarer Teil der Regulation kapitalistischer Wirtschaft. Sie sorgen nicht nur für die Reproduktion des Bankgeschäfts, sondern fördern indirekt gleichzeitig die Produktion neuer Finanzprodukte.
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Neugründung Europas? Strategische Orientierungen

Europa ist mehr als die Europäische Union und die EU mehr als ihre neoliberale und zunehmend undemokratisch-autoritäre Gestalt. Doch ist Letztere die gegenwärtig existierende. Simple Bekenntnisse zu Europa oder gar ›mehr Europa‹ verfehlen den zu Recht skeptischen Alltagsverstand. Immer wieder wurde die europäische Ebene als Hebel genutzt, um Sozial- und Arbeitsrechte auszuhöhlen sowie Kapital- und Marktlogik zu stärken – und zwar nicht erst seit der Krise 2008, sondern spätestens seit dem Mitte der 1980er Jahre forcierten Projekt des europäischen Binnenmarktes.
Mit dem EU-Beitritt ist am 1. Juli 2013 eine Epoche zu Ende gegangen, in der es in Kroatien vor allem um eines ging: „Wieder Europa werden!“ Nationalisten wie antinationalistische Liberale und Sozialdemokraten beriefen sich nach dem Zerfall Jugoslawiens gleichermaßen auf Europa, um gesellschaftliche Zustimmung für ihre Politik zu erringen.
Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten. Europa ist an einem kritischen Scheideweg angelangt, und es gibt zwei Richtungen, die es einschlagen kann: Entweder entscheiden wir uns für Stillstand oder wir bewegen uns vorwärts. Entweder wir finden uns mit dem neoliberalen Status quo ab und tun so, als könne die Krise mit derselben Politik gelöst werden, die sie hervorgerufen hat, oder wir machen uns mit der europäischen Linken daran, die Zukunft in unsere Hand zu nehmen. Denn der Neoliberalismus bedroht die Existenz der Menschen überall in Europa und damit ist auch die Demokratie in Gefahr, insbesondere durch das Erstarken der extremen Rechten.
Spanien gehört neben Portugal, Griechenland, Italien und Irland zu den von der Finanzkrise am stärksten betroffenen Ländern, den sogenannten PIIGS. Ihre politischen, wirtschaftlichen und Sozialsysteme sind einem Strukturwandel unterworfen, dessen Ergebnis noch nicht absehbar ist. Während Irland als Sonderfall gelten kann, besitzen die anderen vier Länder viele Gemeinsamkeiten und haben ähnliche historische Entwicklungen durchlaufen. Nichtsdestotrotz gelten für Italien einige Besonderheiten: Das Land verfügt als Gründungsmitglied der Europäischen Gemeinschaft (EG) über eine größere Verhandlungsmacht als die anderen südeuropäischen Staaten. Seine wirtschaftliche, politische und institutionelle Modernisierung fand über drei Jahrzehnte
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Soziales Europa? Demontage ff.

Die Politik der sozialen Phrase hat Tradition in der EU. Schon in der im Jahr 2000 von den europäischen Staats- und Regierungschefs beschlossenen Lissabon-Strategie wurde behauptet, »Vollbeschäftigung« und »deutliche Fortschritte bei der Überwindung von Armut und sozialer Ausgrenzung« seien zentrale Ziele der EU. Ein Dutzend Jahre später resümierte die EU-Kommission selbstgefällig: »Durch ihre Maßnahmen trägt die Europäische Union zur Verringerung der Arbeitslosigkeit und zur Verbesserung der Qualität der Beschäftigung bei.«
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Out of the Trap

The austerity measures dictated to Portugal by the Troika’s Memorandum are nearing completion and should be fully implemented by May 2014. The impact on Portuguese society is huge. As a consequence of these policies unemployment has risen, the phenomenon of emigration has returned, the social state has been dismantled, and all major public enterprises sold off.

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Die Macht zurückholen. Eine neue zivilgesellschaftliche Struktur in Spanien

Was ist die Frente Cívico? Mit der Frente Cívico wollen wir eine politische Kraft aufbauen, die sich direkt aus den Forderungen der Bevölkerung speist, fähig ist, Alternativen zu formulieren und einen demokratischen Ausweg aus diesem System zu weisen. Sie soll eine politische Organisierung ermöglichen, doch sie wird explizit nicht bei Wahlen antreten. Sie soll attraktiv für breite zivilgesellschaftliche Kreise sein, jenseits der üblichen Lager entlang von Parteiidentitäten. Es geht uns nicht um Posten, sondern um Positionen, jenseits dessen, was die herrschende politische Klasse in Spanien auf der Agenda hat.
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"Es gibt keine Alternative zur Organisierung"

Chema Ruiz war lange Jahre aktiv im politischen Rat der Vereinigten Linken Spaniens (Izquierda Unida, IU). Heute ist er Mitglied der Kommunistischen Partei und Mitbegründer der Plataforma de los Afectadas por la Hipoteca (PAH) – eines Netzwerks zur Unterstützung von Menschen, die wegen Hypothekenschulden von Zwangsräumung bedroht sind. Gemeinsam kämpfen sie für ein Recht auf Wohnen – und für die Neuformierung einer gesellschaftlichen Linken.

Historical experience has shown that under capitalism a banking crisis is followed by an economic crisis, reducing the size of an economy, increasing unemployment.1 It has further shown that in such a situation, public expenditure increases, as a result of the automatic stabilizers coming into play, while public receipts decline, due to the drop in output. Thus, a banking crisis leads to deteriorating public finances.2

Endlich hat die Linke in Deutschland eine offene Diskussion über Alternativen in der Krise der europäischen Integration begonnen. Anlass ist die Frage nach Sinn oder Unsinn des Ausstiegs einiger Länder aus der Währungsunion. Die Diskussion ist zwingend erforderlich. Es reicht nicht, den Beschlüssen von Troika, Rat oder Kommission jeweils eigene Vorschläge entgegenzustellen. Der Gebrauchswert der Linken muss sich konkret erweisen am realen Einfluss auf Handlungsoptionen.
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Linke Strategien zur Eurokrise. Die letzte Chance nutzen!

Wie könnte eine linke Antwort auf die Krise in der Eurozone aussehen? Diese Frage hat eine Diskussion über die Option eines «geregelten Austritts» einzelner Länder aus dem Euro entfacht. Doch verschieben sich die Kräfteverhältnisse dadurch wirklich nach links? Oder was muss getan werden, um die Chancen eines demokratischen und sozialen Europas nicht endgültig zu verspielen? „Es ist spät doch noch ist es nicht zu spät für eine Umkehr. Doch mit jedem Tag, an dem an der alten gescheiterten Strategie festgehalten wird, schwinden die Chancen“, argumentieren die beiden Ökonomen Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas.
Die aus der Besetzung des Gezi Parks erwachsenden neuen Formen kollektiver Praxis stellen eine Herausforderung für den Anspruch der AKP dar, einzige politische Kraft zu sein, die Infrastrukturen schaffen und Dienstleistungen erbringen kann. Noch während der ereignisreichen Tage der Besetzung geschrieben, befragt der Artikel den Protest nach seinem Potential, der städtischen Enteignungs- und Vertreibungspolitik Alternativen entgegenzusetzen, die quer zu den bisherigen politischen Trennlinien der Betroffenen verlaufen.
Um zu verstehen, wodurch die bahnbrechenden Proteste auf dem Taksim-Platz in Istanbul angestoßen wurden, und wie sie sich so schnell ausbreiten konnten, scheinen mir zwei Aspekte wichtig, die oft aus dem Blick geraten: Die Proteste entstanden als Reaktion auf das von der neoliberalen Regierung vorangetriebene Projekt einer Umstrukturierung der Städte; Und: sobald die Proteste massiver wurden, traten die stadtpolitischen Fragen schnell in den Hintergrund. Beide Aspekte erhellen die Frage, was grade in der Türkei passiert und warum.

Krisenkosten zurückdrängen! Das europäische Krisenregime

Die Krise in Europa zieht immer weitere Kreise. Mit der Zypernkrise entstand ein neuer Krisenherd, ein weiterer räumlicher Verdichtungspunkt der Widersprüche eines krisengeschüttelten Kapitalismus. Schon fast gewohnheitsmäßig schaltete sich die Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfond (IWF) ein, um wie in Irland, Portugal und Griechenland Sparauflagen und Austeritätspolitik zu diktieren. Auch die Einberufung eines Sondergipfels der EU-Finanzminister hatte bereits Routinecharakter. Also alles nur ‚same shit, different time‘?
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»Bildung ist keine Ware«. Studierendenbewegung und neue Linke in Kroatien

Seit einigen Jahren kommt es an Universitäten in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens regelmäßig zu Protesten. Erstmals seit Ende der Kriege lassen sich hier Ansätze einer neuen, transnationalen Linken beobachten. Wie haben sich die Proteste entwickelt? Der Bologna-Prozess hat seit 2005 die Kommerzialisierung von Bildung in der Region massiv beschleunigt. Diese Veränderungen im Bildungssystem verliefen so rapide und drastisch, dass es nahe lag, sich dagegen zu wehren.

Online-Thema Krisenproteste und Organisierung in Südeuropa

In den letzten Jahren formiert sich besonders in Spanien und Portugal Widerstand von links gegen die herrschende Krisenpolitik. Wir versammlen an dieser Stelle Analysen und Interviews mit Aktivisten und Organisiatorinnen:
Chema Ruíz war lange Jahre aktiv im politischen Rat der Vereinigten Linken Spaniens (Izquierda Unida, IU). Heute ist er Mitglied der Kommunistischen Partei und Mitbegründer der Plataforma de los Afectadas por la Hipoteca (PAH) – eines Netzwerks zur Unterstützung von Menschen, die wegen Hypothekenschulden von Zwangsräumung bedroht sind. Gemeinsam kämpfen sie für ein Recht auf Wohnen. Videointerview (Spanisch)
[caption id="attachment_2699" align="alignright" width="300"] Paula Guisande[/caption] Interview mit Paula Guisande, Gewerkschaftssekretärin des Sindicato Joven, Comisiones Obreras, Madrid. Das Sindicato Joven (junge Gewerkschaft) in Madrid ist eine Jugendorganisation der der CCOO (den Arbeiterkommissionen, dem kommunistisch orientierten Gewerkschaftsdachverband) als auch weiterer Gruppen junger Leute, die ohne Mitgliedsbeitrag beitreten können: SchülerInnen, StudentInnen oder junge Arbeitslose. Sie ist zwar formal Teil der Gewerkschaftsstruktur, funktioniert aber informeller und lässt mehr Raum zum Mitmachen. Videointerview (Spanisch)

Bildung gibt es nicht gratis. Die „Grüne Welle“ der Proteste in Spanien

Jose María Ruiz Herranz, Sekretär für Information und Kommunikation, Verband für Bildungswesen in der Gewerkschaft Comisiones Obreras (CCOO), Madrid. Das Gespräch führte Lara Hernández. In Spanien symbolisieren verschiedenfarbige T-Shirts jeweils Teilbereiche einer umfassenden gesellschaftlichen und gewerkschaftlichen Protestwelle, im Gesundheits-, Kultur-, Medienbereich etc. Die Protestierenden im Bildungsbereich tragen ein grünes T-Shirt und bilden die „Grüne Welle“. Videointerview (Spanisch)
Ein Jahr in Europa: Demonstrationen, Besetzungen von öffentlichen Plätzen und politische Streiks zeichnen eine neue Kartographie des Protests. Eine Karte der Unzufriedenheit mit dem Europa von Kürzung und Enteignung des Öffentlichen, eine Karte der Krise der Repräsentation. Ob es den Linken gelingen kann, an die Verweigerung, die Selbstorganisation, die Gegenentwürfe anzuknüpfen, ist offen. Ein gemeinsames linkes Projekt, eine europäische Linke könnte von dieser Karte ausgehen.
von Michel Husson [caption id="attachment_2259" align="alignright" width="300"]© 2011-2012 Mehran Khalili, www.mehrankhalili.com © 2011-2012 Mehran Khalili, www.mehrankhalili.com[/caption] Wir scheinen vor einem Dilemma zu stehen: Sollen wir uns auf das riskante Abenteuer eines Ausstiegs aus dem Euro einlassen – oder eine utopische europäische Harmonisierung anstreben, die Arbeiterkämpfen eine »Stimme gibt«? Sozialisten sollten sich dieser Entscheidung verweigern, weil sie in die Irre führt.

by Panagiotis Sotiris [caption id="attachment_2239" align="alignright" width="300"] Athen, November 2011, Foto: Ed Yourdon[/caption] In the past two years Greek society has been under constant attack. The sovereign debt crisis has led to the imposition of severe austerity packages that have already created something very close to a social disaster. Average wages are already down by more than 20%,[1] schools and hospitals are facing difficulties to function properly, the official unemployment rate already exceeds 20%. Soup kitchens, homelessness and other manifestations of poverty are becoming integral parts of the urban landscape.

[caption id="attachment_2212" align="alignright" width="300"] 15. Mai in Madrid. Foto: Anne Steckner[/caption]

Ein neues Gespenst geht durch Europa: Syriza, das Bündnis der radikalen Linken in Griechenland, gilt den einen als »Gefährdung«, den anderen als »Hoffnung« Europas. Die herrschenden Kräfte fürchten einen »Dominoeffekt«, wenn es einem Land gelingt, den Kürzungspolitiken Widerstand entgegenzusetzen. Und die zerstreuten Linken in Europa projizieren ihre Sehnsüchte auf die breiten Bewegungen und die Erfolge der Linken bei den Wahlen.

„Gegen eine EU der Banken und Konzerne“

Interview mit Nikolaj Villumsen, europapolitischer Sprecher der rot-grünen Einheitsliste Dänemarks Nikolaj, wie würdest Du die Entwicklung des linken Widerstandes gegen die EU in Dänemark und seine Perspektiven beschreiben? NV: Es gibt seit der Gründung der Volksbewegung gegen die EG 1972 eine lange Tradition der Kritik und des Widerstandes von links gegen die EU. Dänemark ist ihr 1973 nach einem Referendum und einer Propagandaschlacht, die wir trotz großer Mobilisierungen nicht gewonnen haben, beigetreten. Wir haben immer betont, dass die Abgabe nationaler Souveränität an Brüssel einen massiven Abbau sozialer und demokratischer Rechte bedeuten wird. Diese Befürchtung ist leider bestätigt worden. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofes in den letzten Jahren bedeuten vor allem eine Beschränkung des Rechts der Gewerkschaften, Löhne und Arbeitsbedingungen ohne Einmischung von außen selbst zu verhandeln; etwas, was das „dänische Modell“ immer ausgezeichnet hat. Auch die restriktive Flüchtlingspolitik durch das Schengener Abkommen 1993 und der Aufbau einer Mauer um Europa ist von uns immer kritisiert worden; galt das dänische Aufenthaltsrecht von 1983 doch zurecht als eines der progressivsten in der Welt. Die brandaktuelle Auseinandersetzung (Juli 2012, S.G.) um Dumpinglöhne im Gaststättengewerbe und um das Recht der Gewerkschaften, Betriebe, die Niedriglöhne zahlen, zu blockieren, zeigt dies erneut.

Der Ausverkauf der Commons. Der Fall Griechenland

  [caption id="attachment_2226" align="alignright" width="257"] Auf dem Markt in Athen, Foto: Ed Yourdon[/caption] In den 1980er und verstärkt in den 1990er Jahren durchliefen die Länder Europas eine Privatisierungsphase, in deren Ergebnis die Wohlfahrtsstaaten drastisch reduziert wurden. Die Begründungen dafür unterschieden sich je nach Wirtschaftssektor, Land und Zeitpunkt voneinander, auch die Form der Privatisierung. Doch handelt es sich um ein Stadium in der Entwicklung des Kapitalismus, »eine Verschiebung der Beziehungen zwischen Staat, Gesellschaft und Wirtschaft, die politisch, sozial und ökonomisch einen durchgreifenden Wandel darstellt« (Frangakis u.a. 2009, 10).
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Strategien der LINKEN in der europäischen Krise

Europa durchlebt eine tiefe Krise, die Eurozone droht auseinanderzubrechen. Die demokratische Entwicklung ist in Gefahr. Rechte, nationalistische und rassistische Strömungen nehmen zu. Es ist Aufgabe der LINKEN, eine politische Alternative der Solidarität aufzuzeigen.
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Ungarns neue Solidarität

Budapest – Auf dem Blaha-Lujza-Platz, einem der zentralen Verkehrsknotenpunkte der Stadt, warten an einem milden Samstagnachmittag dutzende Bedürftige auf eine warme Mahlzeit, die ihnen christliche Hilfsorganisationen anbieten. Aus den Lautsprechern tönen immer wieder die gleichen Bibelverse. Eine Frau teilt rötliche Bohnensuppe in Plastikschüsseln mit einer dicken Scheibe Graubrot aus, »im Namen Christi«. Männer und Frauen schlürfen wortlos ihre Teller leer, dann verschwinden sie in die benachbarten Seitenstraßen.